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Here comes Georg Pichler's wonderful piece on Handke + Gooth as they used to say at Kepler 's bookshop on the Camino Real in Menlo Park around 1960 [Goethe]

=Der Goethesche Nachvollzug des Schriftstellers auf Erden= – Handke und Goethe

Georg Pichler (Universidad de Alcala)

=Sehnsucht nach den =Wahlverwandtschaften== schrieb Peter Handke im Marz 1976 in sein Journal Das Gewicht der Welt (GW:76), als er sich wegen Herzrhythmusstoerungen langere Zeit =in der Intensivstation eines Pariser Hospitals= (Pichler:127) aufhalten musste. In dieser Zeit, in der er, wie er schrieb, des oefteren =in Todesangst im Bett= (GW:65) lag, sehnte er sich jedoch weniger nach dem Beziehungsgeflecht des Goetheschen Romans als vielmehr nach seiner Sprache und Schreibweise, seiner asthetik: =Ich brauche etwas, das ich Wort fur Wort lesen koennte – und nicht diese Satze, die man auf den ersten Blick erkennt und uberspringt, wie in Zeitungen fast immer und leider auch fast immer in Buchern!= Weniger der Inhalt ist von Bedeutung als die Transformation von Welt in Sprache, ein Thema, in dessen Zeichen ein Grossteil von Handkes Schreiben steht. Im Lauf der kommenden Jahre sollte die Auseinandersetzung mit Goethe bestimmend fur Handkes Werk werden: Goethe, =mein Held= (GD:12), wird fur ihn ein asthetisches Projekt, ein Vor-Bild, dem man nach-schreiben kann, in dessen Werk man das eigene Schaffen spiegeln und zu dem man sich hin und wieder =fluchten= (GW:100) kann; Goethes Texte werden aber auch zum intellektuellen, literarischen, philosophischen und politischen Referenzpunkt, durch den die eigene Position, das eigene Zeitalter bestimmt werden. Handkes Schreiben ist fur ihn selbst bis hin zu seinen neuesten Werken vorrangig =der Goethesche Nachvollzug des Schriftstellers auf Erden= (Steinfeld 2002). Diese Auseinandersetzung findet nicht nur in zahlreichen Prosatexten mehr oder weniger deutlich statt, sie ist auch in den bisher vier Journalen nachzulesen, in denen Handke seine tagtaglich festgehaltenen Notizen versammelt. Dort kann dies direkt und explizit geschehen: =Naturlich: nicht sich messen an oder mit Goethe. Aber an ihm doch das eigene Mass finden= (FM:523); oder anspielungsreich indirekt: =Er betete zum Augenblick, weil er ihn fuhlen wollte: =Bleib, Augenblick, auch wenn du nicht schoen bist!== (GB:124) Zwischen diesen beiden Polen, namlich der expliziten Wiederaufnahme Goethescher Texte und einem versteckten Einarbeiten von Themen, Figuren oder sprachlichen Einsprengseln aus Goethes Werken, bewegt sich Handkes Goethe-Rezeption generell.

Peter Handke hat sich seit den fruhen siebziger Jahren intensiv mit Goethe beschaftigt, wohl so ausfuhrlich wie mit keinem anderen Schriftsteller sonst. So etwa findet Goethe in Handkes 1982 erschienenem Journal Die Geschichte des Bleistifts an die funfzig Mal Erwahnung und ist unter den rund sechzig dort zitierten Schriftstellern mit Abstand der meistgenannte. Und auch in dem langen Gesprach, das Herbert Gamper Ende der achtziger Jahre mit Handke fuhrte und unter dem Titel Aber ich lebe nur von den Zwischenraumen herausgab, ist von Goethe viel oefter die Rede als von anderen Autoren, Kunstlern und Philosophen, deren beachtliche Spanne immerhin von Aischylos bis Wittgenstein reicht. Umso auffalliger ist, dass sich die Literaturwissenschaft bisher kaum dieses Themenkomplexes angenommen hat. Im Gegensatz etwa zu den recht haufigen Vergleichen mit Autoren wie Stifter, Nietzsche, Benjamin, Heidegger oder Celan wurde Handkes Beschaftigung mit Goethe lange kaum explizit behandelt, sondern bestenfalls als ein eher kleines Kapitel in allgemeinen Darstellungen zu Leben und Werk erwahnt (vgl. Mixner, Putz 1982, Renner; die einzige Ausnahme hierbei ist Putz 1984). Erst in letzter Zeit hat das Thema einige Aufmerksamkeit gefunden und zum Teil sehr interessante Erkenntnisse gebracht (vgl. Bosse, Vogel, Wolf).

Handkes intensivste Beschaftigung mit Goethe fallt in die Jahre seiner fur ihn traumatischen Schreibkrise rund um die Erzahlung Langsame Heimkehr, die zugleich eine radikale Zasur in seinem Werk darstellt. Versuchte Handke in seiner Fruhzeit, die sprachlichen, gattungsspezifischen und sozialen Formen der Literatur und des Literaturbetriebs unter anderem im Gefolge der Sprachskeptiker zu demontieren oder – beinahe noch avant la lettre – zu =dekonstruieren=, so vollzog er ab etwa 1972 =eine Wende zur Sondierung des Authentischen in und durch Sprache auf der Basis des =neuen Sehens== (Bosse:381) und eines ausserlichen Schreibens, bei dem ein von Handke etwas abgewandeltes Goethezitat Pate stand:

=Innerlichkeit – ausserlichkeit=: Gestern las ich den Satz (von Goethe): =Auf ihrem hoechsten Gipfel wird die Poesie ganz ausserlich sein= – und der war wie eine freundschaftliche Erleuchtung einer Schreibhaltung, die auch mir fur das, was ich schreibe, als die Herrlichkeit auf Erden vorschwebt: Um diese allumfassende ausserlichkeit zu erreichen, muss der jeweilige Schriftsteller oder Poet aber ohne Maskierungsrest innerlich geworden sein; das heisst, er muss die kunstliche, politisch oder religioes organisierte Solidaritat aufgeben und sich selber ohne Erbarmen erforschen – als ob er noch nichts uber sich selbst wusste und auch niemand anderer ihm sagen koennte, wer er sei. (TS:25)

In diesem Prozess wandelte Handke sich zu einem Sucher nach einem harmonischen Bezug zwischen dem Ich und der Welt, der von seinen Kritikern immer wieder ironisch als den Grenzen des Kitsches allzu nahe kommender Verkunder des Heils oder als =Narziss auf Abwegen= (Durzak) tituliert wurde. Als erster Referenzgroesse fur dieses neue weltumfassende Schreibprogramm nahm Handke bei Goethe Mass.

Dies ist nicht nur aus asthetischen, sondern auch aus biographischen Grunden stimmig, denn der schriftstellerischen Werdegang beider Autoren weist signifikante Parallelen auf: Sowohl Goethe als auch Handke begannen ihren Eintritt in das =literarische Feld= relativ jung mit sehr publikumswirksamen Skandalen, die gegen die, eben dieses Feld beherrschende Literatur und Schreibweise ihrer Zeit gerichtet waren, um sich dann, beide in ihren Dreissigern, in einem zweiten Schritt zu Protagonisten ins =Feld der Macht= (Bourdieu:341 f.) hinein- oder, literarhistorisch gesehen, zu Klassikern ihrer Epoche emporzuschreiben (vgl. dazu auch Wolf). Bezeichnend ist auch, dass sich Handke in der Zeit seiner Beschaftigung mit dem Weimarer Klassiker den klassischen griechischen und roemischen Autoren zuwandte, die er in der Folge ebenso ausfuhrlich rezipierte wie Goethe.

=Theoretisch hat sich Handke [...] kaum zusammenhangend uber Goethe und seine Beziehung zu dessen Werk geaussert= (Putz 1984:314). Seine Rezeption scheint auf den ersten Blick eher unsystematisch. Die Notizen in den Journalen belegen eine ausfuhrliche Lekture vor allem der Wahlverwandtschaften, einiger Theaterstucke, der Maximen und Reflexionen, der Italienischen Reise, des West-oestlichen Divans und der naturwissenschaftlichen Abhandlungen. In Interviews und theoretischen Texten lasst Handke hin und wieder Zitate Goethes einfliessen, doch auch sie erinnern eher an Bruchstucke, die Handke dem an Material in Form von Zitaten und Anspielungen unerschoepflichen Steinbruch Goethe entnimmt.

Eine erste, freilich noch sehr indirekte Konfrontation mit Goethe uber das Genre des Bildungs- und Entwicklungsromans ist der 1972 erschienene Kurze Brief zum langen Abschied. Diese Beschreibung einer Reise durch die USA rekurriert ausdrucklich auf zwei Romane, die in engem Bezug zu Goethe stehen: Anton Reiser von Karl Philipp Moritz und Gottfried Kellers Der grune Heinrich. Wird hier das Paradigma des Bildungsromans, der Wilhelm Meister, nicht genannt und ist bestenfalls in seiner Abwesenheit prasent, bildet er in der drei Jahre spater erschienenen Filmerzahlung Falsche Bewegung den Ausgangstext, den Handke ausserst reduziert ins 20. Jahrhundert transponiert. Goethe wird ausser in Anspielungen wiederum nicht woertlich zitiert, sein Roman ist aber als Referenz stets prasent, doch auch hier eher ex negativo denn direkt ausgesprochen.

Namentlich zitiert wird Goethe in der 1976 erschienenen Erzahlung Die linkshandige Frau, der als Epilog eine Passage aus den Wahlverwandtschaften nachgestellt ist, die unmissverstandlich auf die Korrespondenzen zwischen den Texten verweist: In beiden geht es um Beziehungen zwischen Mann und Frau, um Abhangigkeiten, um Zusammenleben und Trennung. Die linkshandige Frau, die kurz vor Handkes oben erwahntem Krankenhausaufenthalt entstanden war, bildet denn auch eine Schwelle in Handkes Beziehung zu Goethe. Bis dahin hatte Handke sich Goethe in Form der Negation genahert, hatte dessen Texte als strukturelle Vorlage verwendet, um auf ihr ein Gegenbild aus einer modernen Weltsicht heraus zu entwerfen. Nun sollte Goethe der absolut positiv besetzte Schreib-Ahne werden, dessen poetologische Positionen Handke als Ausgangspunkt dienen, um daruber hinaus zu gelangen, und auf den in zahlreichen Werken auf verschiedenste Weise angespielt wird.

Wenn etwa der Protagonist der Langsamen Heimkehr Geologe ist, so fuhrt dies unmittelbar auf Goethes naturwissenschaftliche Schriften zuruck. Nicht nur in dieser Erzahlung, auch im spateren Werk Handkes wird immer wieder ausfuhrlich auf geologische Phanomene eingegangen, besonders auf den Granit, diese fur Goethe =merkwurdige Steinart= (Goethe 13:253). Goethes Beschaftigung mit der Geologie beruhte auf seinem =Interesse an naturlichen Gegenstanden oder auch sonst sichtbaren= (Goethe 13:273) und war darin begrundet, dass sich ihm durch sie gleichsam eine Gegenwelt auftat, uber die er als Kunstler nicht verfugen konnte, die er aber gerade als solche akzeptierte und fur sein Schaffen willkommen hiess: =Zur Darstellung meines geologischen Ganges werde veranlasst, dass ich erlebe, wie eine der meinigen ganz entgegengesetzte Denkweise hervortritt, der ich mich nicht fugen kann, keineswegs sie jedoch zu bestreiten gedenke.= (ebda) Eine ahnliche Bipolaritat zwischen der naturlichen Welt und der Welt des Ich als Kunstler ist in allen Werken Handkes prasent, in ihrer Hinwendung auf die aussere Welt beruhen sie gerade auf dem Versuch, sich das Naturliche, das ausserliche einzuverleiben. Zugleich aber wird hier auch einer der epochalen Unterschiede zwischen den beiden deutlich, namlich das Problem des referenziellen Schreibens. Wahrend Goethes Beschaftigung mit geologischen Phanomenen sich direkt mit diesen abgibt und er in naturwissenschaftlichen Abhandlung uber diese schreibt, beinhaltet Handkes Eingehen auf naturliche Phanomene stets eine Vermittlungsinstanz, einen Referenztext, der unter anderem Schlussel zu dem jeweiligen Werk ist, wie Uwe C. Steiner treffend festgestellt hat:

Dass Goethe Erdgeschichte, Handke dagegen Textgeschichte erinnert, ist selber nur das Resultat einer tieferliegenden Verschiebung, die sich bei Goethe zwar schon grundsatzlich ankundigt, aber noch nicht wie bei Handke zur Selbstdurchsichtigkeit gelangt ist. Es handelt sich exakt um jene Verschiebung, in deren Verlauf [...] das Sein der Konstruktion weichen muss. Fremdreferenz ist nur als bzw. uber Selbstreferenz zu haben, so konnte man implizit schon bei Goethe und so kann man explizit nun bei Handke sehen. Selbstreferenz und Fremdreferenz sind die zwei Seiten einer Form, in der die Seite der Selbstreferenz die starkere ist, weil sie die Fremdreferenz enthalt. (Steiner:273)

Um eben dieses Problem geht es auch fur Handke, wenn er seine eigene Schreibposition derjenigen Goethes gegenuberstellt und meint, dass Goethe am Anfang der Moderne einen literarischen Schreibraum zur Verfugung hatte, der ab diesem Zeitpunkt immer mehr an Naturlichkeit verlor und in immer neuem Bezug auf im kulturellen Gedachtnis prasente Texte erst neu geschaffen werden muss: =Goethe stand der Raum, in den er hineinschreiben konnte, im grossen und ganzen frei da; einer wie ich muss diesen Raum erst schreibend schaffen (wiederholen), daher ist das, was ich tue, vielleicht lacherlich? Nein (PW:75)=. Goethe befinde sich, so Handke, am Anfang einer Entwicklung, in deren Verlauf die Literatur zu einem System impliziter intertextueller Referenzen geworden sei, die der zeitgenoessische Autor wiederholend schaffen musse. Insofern ist Handkes Satz die wohl kurzest moegliche Definition der Unterschiede im Literaturverstandnis zwischen den beiden, aber auch Handkes eigener Schreibposition zu jener Zeit. Aufgrund dieser Ahnherrnschaft ist es auch nur konsequent, dass Handke als Ausgangspunkt fur sein poetologisch wohl aufschlussreichstes und explizitestes Werk, Die Lehre der Sainte-Victoire, – gleich nach Stifter – den =ein bisschen mit seinem Wissen prunkende[n] Goethe= (LSV:10) nahm. Bezeichnenderweise eine Stelle aus der Farbenlehre, denn der Text legt anhand der Bilder Paul Cézannes Handkes Verstandnis von Kunst dar und exemplifiziert es gleichzeitig. Aber er weist auch schon uber Goethe hinaus, dessen Prasenz in den kommenden Werken Handkes deutlich geringer wird. Erst rund zehn Jahre spater taucht er wieder auf: Handkes Roman Mein Jahr in der Niemandsbucht ist, wie Juliane Vogel uberzeugend nachgewiesen hat, eine breit angelegte Umschreibung von Wilhelm Meisters Wanderjahre, wenngleich die Bezuge zwischen Vor- und Nachbild weitaus versteckter sind als in der Falschen Bewegung und Handke hier einen neuen Autor einfuhrt, der zum Paten von Handkes bisher letzten und groessten Roman Der Bildverlust oder Durch die Sierra de Gredos wird: Miguel de Cervantes.

Wenn ich nun im Folgenden ausfuhrlicher auf die von Wim Wenders verfilmte Erzahlung Falsche Bewegung eingehe, so hat dies mehrere Grunde: In ihr sind in nuce viele poetologische Charakteristiken des jungen, aber auch schon des spateren Handke vorhanden; es ist seine wohl ausfuhrlichste Umsetzung eines Goethes Werks, und der Text wurde bislang von der Literaturwissenschaft mit nur wenigen Ausnahmen (Wolf) als eher zweitrangig abgetan und kaum beachtet.

Auf den ersten Blick hat das 1973 geschriebene und zwei Jahre spater veroeffentlichte Filmskript wenig mit den Lehrjahren gemein. Vorgefuhrt wird eine vom Zufall bestimmte Reise eines familiennamenlosen Wilhelm von seinem Geburtsort Heide in Schleswig Holstein in den Suden Deutschlands, in die freiwillig aufgesuchte Einsamkeit auf der von einem Schneesturm umtosten Zugspitze. Stationen auf diesem Weg sind der Hauptbahnhof von Hamburg, die Ortschaft Soest in Westfalen, ein Landhaus in deren Umgebung sowie Frankfurter Vororte, geographisch genau bezeichnete und realistisch wiedergegebene Orte. In Goethes Wilhelm Meister herrscht eine paradigmatische Losgeloestheit von Raum und Zeit, in ihm scheint es keine Jahreszeiten und damit verbundenen Klimaanderungen zu geben, der Ablauf der Monate und Jahre ist nur sehr schwer nachzuvollziehen, und die konkreten Orte, Doerfer und Stadte, die der Held auf seinem Bildungsweg durchlauft, bleiben allesamt namenlos, werden geographisch nicht einmal ungefahr situiert. Auch wenn man aus historischen Grunden darauf schliessen kann, dass mit der =grossen Handelsstadt= (Goethe 7:266), in der Serlos Truppe im vierten Buch ihren Sitz hat, Hamburg gemeint ist, lasst Goethe doch alle eindeutigen Ortsangaben im Dunkeln, unter andern wohl, um so dem Text, der im zentrumslosen Deutschland des 18. Jahrhunderts spielt, seine Anspruche an eine fur das ganze Land verbindliche Allgemeingultigkeit zu bewahren. Zudem handelt es sich weniger um einen Roman des Aussenraums denn um einen der zwischenmenschlichen Beziehungen und der inneren Entwicklung des Protagonisten, so dass generell auf die landschaftliche Dekoration oder auf die Natur wenig Wert gelegt wird, was der Roman auch thematisiert. Als Philine sich uber die Naturschwarmerei eines jungen Mannes lustig macht, stimmt ihr Wilhelm Meister etwas verlegen bei, dass =der Mensch [...] dem Menschen das Interessanteste= sei und =ihn vielleicht ganz allein interessieren= (Goethe 7:101) sollte. Dieses Fehlen von Naturbeschreibungen in den Lehrjahren steht denn auch im Gegensatz zu den Wanderjahren und liess bereits Novalis konstatieren, dass =die geognostische oder =Landschaftsphantasie= [...] im =Meister= gar nicht beruhrt [wird]. Die Natur lasst Goethe nur selten mitwirken [...]. Die Aussenwelt [beruhrt er] uberhaupt selten= (Goethe 7:681).

Handke stellt dagegen seinen Wilhelm in die konkret benannte und – wohl auch in Hinblick auf die Verfilmung – plastisch geschilderte aussere Wirklichkeit des Deutschland der siebziger Jahre: Zugnamen wie =der Transeuropaexpress Hamburg-Mailand= (FB:19) tauchen auf, eine Unzahl von Schildern, die auf Stadte, Lokale oder Geschafte verweisen, spielen mit der Doppeldeutigkeit von Zeichen und Bezeichnetem, Flugzeuggerausche von Nato-Bombern sind zu hoeren, aus dem stehenden Zug ist das wenig erbauliche =Zementwerk von Itzehoe= (FB:17) zu sehen, im Hochhaus der Handkeschen Therese sind =Genitalsymbole in die Liftwand geritzt= (FB:64), und Wilhelm halt in seinem Notizbuch das triste, aber das Ambiente des Textes bestimmende Panorama der =Schlafstadt Schwalbach [bei Frankfurt] am fruhen Morgen= (FB:66) fest, das mit seinem stummen Voruberziehen von Bewohnern an das rund zwanzig Jahre spater entstandene Stuck Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten erinnert. Bereits in dieser fur sein damaliges Schreiben bezeichnenden eindeutigen Situierung im Hier und Jetzt grenzt sich Handke klar von Goethe ab.

Goethes Roman steht nicht nur am Anfang des burgerlichen Bewusstwerdungsprozesses, er beschreibt auch ausfuhrlich die Grundsatze der burgerlichen Haushaltsideologie als Gegensatz zur Reprasentationskunst des Adels. Eben dieses oekonomische Denken war den Romantikern sehr zuwider und liess Novalis den Wilhelm Meister als =fatales und albernes Buch – so pratentioes und prezioes – undichterisch im hoechste Grade, was den Geist betrifft= (Goethe 7:685), charakterisieren. Vor allem der Schluss wird ihm zur =Farce. Die oekonomische Natur ist die wahre – ubrig bleibende= (ebda). Goethe beschreibt in eben dieser Abwendung Wilhelm Meisters von der Kunst hin zur gesellschaftlichen Tatigkeit den Beginn der Beschleunigung des sozialen Lebens, die im 19. Jahrhundert den Kapitalismus hervorbrachte und durch deren Spatfolgen die Handkeschen Figuren in der Falschen Bewegung wandeln: die Zeugnisse der fast ausschliesslich nur mehr wirtschaftlichen Ausrichtung des gesellschaftlichen Lebens, der Zerstoerung der Natur durch die Industrialisierung, der auch der =kunstlerische Mensch= nicht entgehen kann. Als Wilhelm bei einem seiner ersten Versuche, die Realitat literarisch einzufangen, das vor ihm liegende Meer beschreiben will, indem er in seiner Ohnmacht, die Natur in Sprache zu fassen, einfach ==Das Meer. Das Meer. Das Meer, das Meer, das Meer.== (FB:9) in seinem Notizbuch festhalt, stoesst er in seiner Suche nach Beschreibbaren sehr bald auf Zeichen der Vermischung von Industrie und Natur: =Teerspritzer, Plastikbecher, Moeweneierschalen...= (ebda). Ein Thema, das Handke bis in seine jungsten Werke auf immer neue Weise gestaltet.

In der literarischen Beschreibung der Landschaft, die in eben dieser Durchmischung von naturlicher und kunstlicher Umwelt fur ihn nie unproblematisch ist und stets vermittelt geschieht, ist Handke – gezwungenermassen – eher ein Nachfahre der Romantik und weniger der Goethes, wie er selbst weiss: =An Goethes Naturbeschreibungen ist zu merken, wie frisch die Landschaft damals noch war; so dass die einfachsten Woerter genugten, das blosse Benennen und =Ansagen=. Es brauchte keine Beschwoerung sein, wie dann schon bei Hoelderlin= (GB:253). Dieses Changieren zwischen klassischen und romantischen Positionen in Bezug zur Gegenwart wird spielerisch deutlich, wenn Handke Wilhelms Zugreise durch das moderne Deutschland den Anfang von Eichendorffs Aus dem Leben eines Taugenichts unterlegt (FB:18).

Auch in einer anderen Beziehung ist Handke romantischen Positionen naher als Goethes klassischen Idealen. Handkes Text thematisiert nicht den Eintritt eines jungen Menschen ins gesellschaftliche Leben, sondern seinen Austritt aus ihm, seinen Ruckzug in die unwegsamste Natur Deutschlands, die Zugspitze, um sich dem Schreiben zu widmen: der Texte endet eben dort mit dem Bild einer weissen =Schneewachte gegen den grauen Himmel=, =Sturmgerausch= und einem =Schreibmaschinengerausch dazwischen, das immer starker wird= (FB:81). Die Hinfuhrung zum Gesellschaftlichen, zum =Politischen= uber die als fur die Ausbildung des Geistes ungemein wichtige Kunst, dessen Beschreibung ja die grosse, vorausblickende Leistung der Lehr- und Wanderjahre war, wird verweigert und umgeleitet zu einer Hinfuhrung zum asthetischen, die sich jeder gesellschaftlichen und politischen Vereinnahmung verweigert (vgl. dazu auch Wolf). Handkes Text entspricht im Handlungsverlauf den ersten funf Buchern der Lehrjahre oder dem Urtext der Theatralischen Sendung, denn er bricht gerade in dem Moment ab, da Wilhelm versucht, sich ganz und allein dem Schreiben zu widmen. Zudem verlegt Handke den an sich schon einsamen Akt des Schreibens in die groesstmoegliche Einsamkeit, in genauem Gegensatz zu der von Friedrich Schlegel konstatierten inneren Notwendigkeit in Goethes Wilhelm Meister, diesen Schauspieler werden zu lassen:

Bei dieser Absicht musste die Schauspielerwelt die Umgebung und der Grund des Ganzen werden, weil eben diese Kunst nicht bloss die vielseitigste, sondern auch die geselligste aller Kunste ist, und weil sich hier vorzuglich Poesie und Leben, Zeitalter und Welt beruhren, wahrend die einsame Werkstatte des bildenden Kunstlers weniger Stoff darbietet, und die Dichter nur in ihrem Innern als Dichter leben, und keinen abgesonderten Kunstlerstand mehr bilden. (Schlegel:132).

Fur Handkes Wilhelm ist die Kunst nichts =Geselliges=, nichts Soziales, sondern Ausdruck eines Wollens, die Welt zu sehen, deren Ursprung – auch hierin eher in Einklang mit den Romantikern als mit dem Goethe der Lehrjahre – ein Wunsch nach Einzigartigkeit ist. Der Grund fur Wilhelms anfangliches =Unbehaglichkeitsgefuhl= und seinen =Missmut= (FB:10) ist ein Zeitungsfoto, auf dem er sich selbst als zufalliger Passant erkannt hat: =Es wurde mir klar, dass ich bis jetzt all die Jahre wirklich nichts anderes war als dieser beliebige Passant auf dem Foto. [...] Ich komme mir schon manchmal nur noch wie ein Posten in einer Statistik vor.= (FB:11) Und der Weg zur Einzigartigkeit des Protagonisten fuhrt nun nicht in die Welt, um dort als Wundarzt tatig zu sein, sondern in das =Innere= des Dichters, um von dort aus mit der Welt in einen diffizilen Dialog zu treten. Dies geschieht fur Wilhelm aus einer inneren Notwendigkeit heraus, denn fur ihn ist der Akt des Schreibens nicht mit anderen Handlungen vergleichbar, sondern bestimmt das Leben des Schriftstellers. =Ja: nicht S c h r e i b e n ist das Bedurfnis, sondern schreiben w o l l e n.= (FB:46) Es handelt sich bei ihm also um die grundsatzliche Entscheidung, das Leben als Schreibender zu leben, das all seine Handlungen und seine Sichtweise der Welt betrifft. uber den =erotischen Blick= bekomme er ein Gefuhl fur die Dinge, die so ein =inniger Teil= von ihm selber wurden: =Etwas Einzelnes wird zum Zeichen fur das Ganze.= (FB:58) Und diese Sichtweise geht gezwungenermassen uber das Innere des Schreibenden, der sich die aussere Welt einverleibt, um sie dann umgestaltet wiederzugeben. Wichtig sei nicht das, was er sehe, sondern das, was als =Nachbild= (FB:62) vom Gesehenen ubrig bleibe: =Auch wahrend ich schreibe, schliesse ich die Augen und sehe einiges ganz deutlich, das ich bei offenen Augen gar nicht wahrnehmen wollte.= (ebda) Das Medium des Schreibens ist somit die Erinnerung =als eine Form der poetischen Phantasie, welche die Aussenbilder und die Innenbilder aneinander vermittelt= (Renner:116). Das Schreiben muss aus der Erinnerung vor sich gehen, aus der im doppelten Sinn zu verstehenden geistigen Wiederholung der Welt, wobei das Zufallige der Welt nur dann Kontingenz und innere Logik erhalt, wenn es durch eben diesen Prozess der Erinnerung gestaltet wird: =Ich moechte nichts Bestimmtes sehen, bevor ich etwas schreiben will. Ich moechte mich nur erinnern. Alles, was ich nur zufallig sehe, stoert mich beim Erinnern, und zum Schreiben muss ich ungestoert und genau erinnern koennen, sonst schreibe ich nur was Zufalliges.= (FB:30)

Zufalligkeit ist auch ein Merkmal beider Texte. Wilhelm Meister lasst sich den ganzen Roman uber von seinem Geschick treiben, erst a posteriori scheinen all die von Goethe recht grosszugig gebrauchten Zufalle und Fugungen so etwas wie einen Sinn in seinem bisherigen Leben zu ergeben. Die Zwangslaufigkeit seines Weges hin zu seiner gegluckten Bildung ist literarische Konstruktion, und im Verlauf der Handlung kristalisieren sich die kompositorischen Kunstgriffe heraus, die Wilhelms Werdegang als zweckbestimmt und in gewisser Weise von der Turmgesellschaft geleitet darstellen. Handke dagegen verweigert in der Falschen Bewegung jede nachtragliche Zweckbestimmung seines Protagonisten. Der Text ist von Anfang an Zufalligkeiten ausgesetzt, durch die sein Protagonist getrieben wird. Bereits das erste Ziel der Reise ist beliebig, denn mit der von seiner Mutter zur Verfugung gestellten Zugskarte koenne Wilhelm bis Giessen, Bad Hersfeld oder nach Soest reisen. Wilhelm fahrt kurzentschlossen nach Soest, da er dort =frisches Brot= (FB:15) rieche, eine Idylle, die sich als falsch – eben als falsche Bewegung – herausstellt, denn tatsachlich =riecht es nach Benzin= (FB:29). Zufalle sind auch die Bekanntschaft des Alten und Mignons, die im selben Zugsabteil sitzen; Zufall ist das erste Treffen mit Therese, die er aus dem Abteilfenster sieht, als ihr verspatet abfahrender Zug zugleich mit dem seinen losfahrt; das Landhaus des Onkels des ebenfalls durch Zufall zu ihnen gestossenen Dichters Bernhard, gehoert jemand anderem, der sich in eben dem Moment da die Gruppe dort ankommt, zufallig erschiessen wollte; und Zufall ist auch, dass sich Wilhelm in der ersten Nacht im Zimmer irrt und statt mit Therese mit der vierzehnjahrigen Mignon schlaft. Anders als Goethe loest Handke diese Zufalligkeiten nicht im Nachhinein auf, sondern lasst sie als solche stehen, im Einklang mit der zerrissen wirkenden Gestaltungsform der Filmerzahlung, die die einzelnen Etappen des Plots als voneinander getrennte Einstellungen wiedergibt, statt sie geschlossen und verknupft darzustellen. In dieser losen, akausalen Aneinanderreihung von Augenblicken beruft sich Handke erneut auf Goethe: ==Sie war glucklich in Eduards Nahe und fuhlte, dass sie ihn jetzt entfernen musste= (= Und fuhlte=! Kein =so dass= oder =deswegen=!)= (GW:109), zitiert Handke in seinem Journal aus den Wahlverwandtschaften und weist mit dem Nachsatz ausdrucklich auf dieses rein aufzahlende und hin, durch das jede Kausalitat aufgehoben wird. Erst gegen Ende kommt es in all der scheinbaren Beliebigkeit der Erzahlung zu einer einzigen Notwendigkeit. Als Wilhelm sich von Therese verabschiedet, fragt ihn diese, ob sie sich noch einmal sehen werden: =Das ist notwendig= (FB:80), antwortet er und sieht ihr nach, wie sie in einem ironischen Antiklimax mit Mignon im Eingang des Hertie-Kaufhauses im =Main-Taunus-Einkaufszentrum bei Frankfurt Hoechst= (FB:79) verschwindet. Eine Notwendigkeit, die am Schluss manifest wird, als es Wilhelm zu gelingen scheint, gegen die Zufalligkeiten seiner Welt anzuschreiben. In dieser Notwendigkeit sind Schreiben und Lieben vereint, wie Wilhelm bereits zuvor durchblicken hatte lassen (vgl. FB:46). In dieser Richtung ist wohl auch eine zwei Satze lange Geschichte zu deuten, die Handke Wilhelm zuschreibt: =Endlich war er fahig, ihr zu sagen, dass er sie liebe. Im Moment, als er sagte ICH LIEBE DICH, griff sie zufallig nach dem Zahnstocher, und von da an hasste er sie sein Leben lang.= (FB:56). Neben dem banalen Griff nach dem Zahnstocher ist es hier wohl auch die Zufalligkeit, mit der sie diese Geste ausfuhrt, die in absolutem Kontrast zum lang vorbereiteten, hochkonzentrierten Moment der Liebeserklarung steht und die den lebenslangen Hass des mannlichen Parts ausloest.

Grundlegende Elemente des Goetheschen Romans hat Handke nur wenige ubernommen, die er in seinem Text nach Belieben zitiert, abwandelt und adaptiert, meist mit einem Anklang von Ironie. Das Grundmotiv der Reise, Themen wie das Theater, Traume, Liebe und Wahnsinn, Selbstmord, Italien, ja sogar ein Mann mit Pudel werden von Handke in den Text eingeflochten, doch sind sie zumeist Anspielungen, die zeigen, dass sich Handke bei Goethe das Material geholt hat, es aber auf seine Weise umarbeitet. Auch die Figuren sind nicht treu nachgestaltet. Der aus gutem Hause stammende Kaufmannssohn Wilhelm Meister ist – in Analogie zur Theatralischen Sendung, in der Wilhelm aus armlichen Verhaltnissen kommt – zum Sohn einer offensichtlich alleinstehenden Geschaftsfrau geworden, die ihm, =Besen und Kehrrichtschaufel in der Hand= (FB:9), mitteilt, dass sie ihr Lebensmittelgeschaft dem Supermarkt verkaufen wolle. Therese ist eine bekannte Fernsehschauspielerin, die sich alle Frauenrollen aus Goethes Roman mit der bei Handke stummen Mignon teilt, die hin und wieder =wie Cary Grant= (FB:49) gestikuliert; am wenigsten hat Therese jedoch mit ihrer originalen Namenskollegin gemein. Der Onkel der von Handke neu eingefuhrten Figur Bernhard, bei dem die Truppe nachtigt, ist kein Graf mehr wie bei Goethe, sondern Besitzer einer Brotfabrik. Im Alten, der Mignon begleitet, ist unschwer der Harfner zu erkennen, auch er ironisch gebrochen, wenn ihn Handke etwa einmal das bedeutungsschwangere Lied =Wer nie sein Brot mit Tranen ass...= (FB:24), ein anderes Mal bei einer Bootsfahrt den Blues =Muddy Water= (FB:73) singen lasst. Seine Schuld ist nun nicht mehr die inzestuoese Verstrickung mit Mignon, sondern seine Vergangenheit als NS-Offizier. Ebenso wie in den Lehrjahren der dustere, geheimnisumwitterte Harfner in gewisser Weise eine Gegengestalt zu dem fur den Leser transparenten Wilhelm Meister ist, steht der Alte bei Handke in Opposition zum Protagonisten. Wilhelm, der =nichts von fruher wissen will= und =kein Gefuhl fur die Vergangenheit= (FB:28) hat, entscheidet sich nach anfanglichen unfruchtbaren Versuchen, das Politische und sein Schreiben in Einklang zu bringen, fur die Autonomie der Kunst und gegen die Politik, weniger aus ideologischen denn aus asthetischen Grunden: =Eigentlich ist mir das Politische erst mit dem Schreiben unfassbar geworden. Ich wollte politisch schreiben und merkte dabei, dass mir die Worte dafur fehlten.= (FB:51) Der Alte hingegen verwendet eine von Handke etwas perfid gezeichnete politische Argumentationsweise, die eine Mischung aus nationalsozialistischem Gedankengut und dem Jargon der 68er-Generation ist. Es geht ihm dabei jedoch weniger um eine ideologische Gleichsetzung, als um die unuberbruckbare Gegenuberstellung einer politischen Weltsicht und der von Wilhelm vertretenen kunstlerischen. Wobei sich gerade hier die verschiedenen Facetten des Goetheschen Romans treffen und nicht aufloesen, sondern nebeneinander stehen bleiben und von Handke weitergefuhrt werden: die asthetische Dimension der Klassik, auf die sich Handke bezieht und die er adaptiert; und die gesellschaftsanalytische Komponente des Romans, die Handke in den Auswuchsen des Spatkapitalismus zeigt, aber auch in der Perversion des aufklarerischen Gedankenguts, das im Wilhelm Meister zu einem Hoehepunkt gelangt war, der Ideologie des Dritten Reiches. Selbst wenn Wilhelm sich gegen die Politik und fur das damit unvereinbare Schreiben entscheidet, so impliziert der Text dennoch eine politische Komponente, die trotz aller Ablehnung des explizit Politischen bei Handke (fast) immer prasent ist.

ubernimmt Handke also sehr viele der asthetischen Positionen Goethes und denkt sie von seiner Warte aus weiter, ist die Falsche Bewegung zugleich eine Absage an die sozialen Dispositionen, die Goethe im Wilhelm Meister vorfuhrt. Die konstanten falschen Bewegungen des Protagonisten fuhren ihn ins Abseits, das Modell des Bildungs- und Entwicklungsromans wird dadurch unterlaufen und als im 20. Jahrhundert nicht mehr nachvollziehbar dargestellt. Jean Améry hat der Beschreibung seines eigenen, durch den Nationalsozialismus, das Exil und die Jahre im KZ brutal unterbrochenen Bildungsweges den Titel Unmeisterliche Wanderjahre gegeben, und sie auf das das lakonische Fazit hinauslaufen lassen: =Es gibt Meisterschaft und Meister nicht mehr.= (Améry:734). Amérys Absage an die Moeglichkeit eines selbstbestimmten Entwicklungsweges trieb ihn in den realen Selbstmord. Handke hingegen lasst seinen fiktiven Helden den Weg in die Autonomie der asthetik nehmen.

Bibliographie:

Goethe, Johann Wolfgang von, 1998. Werke. Hamburger Ausgabe. 14 Bde. Munchen: dtv.

Handke, Peter, 1975. Falsche Bewegung. 9. Aufl. 1995. Frankfurt/Main: Suhrkamp. (= st. 258.) (Zitiert als FB)

Handke, Peter, 1976. =Die Tyrannei der Systeme.= Die Zeit (2.1.1976):25f. (Zitiert als TS)

Handke, Peter, 1977. Das Gewicht der Welt. Ein Journal (November 1975-Marz 1977). 7. Aufl. 1997. Frankfurt/Main: Suhrkamp. (= st. 500.) (Zitiert als GW)

Handke, Peter, 1979. Langsame Heimkehr. Erzahlung. 5. Aufl. 1995. Frankfurt/Main: Suhrkamp. (= st. 1069.)

Handke, Peter, 1980. Die Lehre der Sainte-Victoire. 6. Aufl. 2000. Frankfurt/Main: Suhrkamp. (= st. 1070.) (Zitiert als LSV)

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| Literature Life in Austria Since the beginning of the 90s there is a new literature trend called postmodern in Austria certainly not in Austria alone, it is a European phenomenon but there are some specific shapes, I think.The leftoriented socially critical literature of the s and the  lost most of its political power and relevance for society. The Forum Stadtpark in Graz, which was founded in the early 70s was the centre of this movement. The most important writers like Peter Handke, Peter Turrini, Wolfgang Bauer and so on, were connected to Forum Stadtpark. Their aim was to influence the society. To create a new consciousness through their literary work. Their magazine Manuskripte, which is published by Alfred Kolleritsch was the most important literary magazine for German literature. These authors mostly wrote about the Holocaust and its consequences. They wrote about social discrimination with a strong autobiographic component. These are still important topics of Austrian literature but now as you will see we have found another way to handle these themes in literature.It depends on the political and social modifications taking place in the late 80´s. The Cold War came to an end and so the postworldwarstructures of political thinking didn?t work anymore. After the fall of the Berlin Wall and the damage of reallife socialism in the former states of the WarszawPactCountries and the beginning of the war in former Yugoslavia it became quite clear that there were no left or right political systems which have the power to bring peace to the peoples. Only capitalism was left and it still is.To find new answers to a new order of the world you have to go right back to the beginning some of the new Austrian writers thought. The beginning was mythology. In 1988 Christoph Ransmayr?s second novel The Last World was published and went straight up to the top of the bookselling charts in Germany and Austria. Since then it was translated into more than 20 languages and was a bestseller in the USA. The Last World is the story of Cotta, a Roman citizen who went to Tomi at the Black Sea to search for Ovid and his Metamorphoses. Ovid was banned from Rome and sent to the end of the world, to Tomi, a village of iron. Before he left the capital of the Roman empire he destroyed the last copy of the Metamorphoses (which is certainly not true, but Ransmayr takes a little literary freedom at this point). Cotta tries to get the lost poem, but all he finds are strange people who seem to come right out of Ovid?s stories. It is a novel about the borders of elevated and barbarous cultures and about time and storytelling. It is not only for poetic reasons that there is a bus station in Tomi, that there is an openair cinema show in Tomi. You don?t know the time in which the story takes place. It is a hybrid time, which means that time is just an illusion all things take place now.Michael Koehlmaier also goes back to Greek mythology and he also deconstructs the idea of linear time. He retells the Odyssey. He says that the war in Troy reaches out trough the centuries to our time. The hero of his novel is not Odysseus but his son Telemachus. Athena tries make a warrior out of the young man. Telemachus resists. He ignores every attempt of the goddess to convince him that it is necessary to use brute force to succeed. On his journey he meets a lot of friends and companions of his father?s and he hears the stories about Menelaus and Agamemnon and all the other warriors. He sees that they have all failed. Only Nestor, who is an opportunist, comes back to his country and nobody does him any harm and you can say he was the winner of the game.The gods stand for ideologies and they try to bring Telemachus to their side, to play the game of war and struggle. But he recognises that the way of gods never leads to heaven or what Telemachus think heaven should be but to nowhere. Nestor tells him such strange stories about his father. In these narrations Odysseus is not the great hero but only a man full of hatred and fear. Telemachus takes a trip to Lakedaimon (which looks like Los Angeles indeed) to see Menelaus. All he found is an old junkie hunted by the demons of war. But he also found love on this journey. Polykaste the daughter of Nestor shows him the happiness of the lucky life in lovely sunlight and that is all he ever wants.The message is clear Make love not war. Sounds a little bit simple, but nevertheless it is the truth. In other words: The metanarration, the ism, the ideologies are broken up and we have to find a new way to see things. Mythologies also don?t work anymore, so you have to crack them up and build a new story. This is a very political book in its own way.Similar to Robert Menasse, another Austrian writer, Koehlmaier goes deep down to the basics of our life. Menasse takes Hegel?s Sinnliche GewiSSÃÆ’ƒâ€šÃÆ’‚¸heit (Certainty By Senses) as the starting point of his construction of society. And he comes to the end, that only this certainty by senses is sure. First and foremost, Kohlmaier?s novels are very cool and funny. It is a pleasure to read his books. And the same is true for Manfred Maurer?s novel Furor, which talks about the Celtic tradition of Austria.And at last, let us mention Peter Hennisch with his novel Morrisons Versteck. ItÃÆ’ƒâ€šÃÆ’‚´s just a little piece of newmythology cause the story is about Jim Morrison. Hennisch says that Morrison is a vampire and he lives in a castle in southern France. It is a book about the power of shamanism, of the new coming of the god Dionysos and of the fascination of rock ÃÆ’ƒâ€šÃÆ’‚´n roll. We learn that mythological thinking, or wild thinking, as Claude LevyStrauss would say, is still right here in the middle of our society and we have to face it. To understand actual problems we don?t have to discuss socialism, communism, capitalism or fascism. It is necessary to learn about mythological structures which influence our daily life. If you try to understand the fascination of political leaders you have to read Frazer?s The golden bough.But there is also another literary tradition still alive in Austria. The criticism of language has its origins in the work of the Vienna Circle in the early 20th century. Ludwig Wittgenstein shows that language is not an adequate instrument to describe reality. That the language always stands between man and world. So you cannot describe the world as it really is and you cannot tell the hole story as Robert Musil said. There is a tradition of deconstructing traditional storytelling. These poets have their roots on one hand in philosophical schools like the Vienna Circle and on the other hand in literary traditions like DADA and the Vienna Group (Oswald Wiener [Improve MiddleEurope], Friedrich Achleitner, Gerhard Ruehm, Konrad Bayer [The sixth sense] and H.C. Artmann). It is a struggle with language which is sometimes funny, sometimes hard to understand, and the greater part of this literary production could not be translated.With the socalled postmodern poets there came a new consciousness. For Michael Koehlmaier, Christoph Ransmayr and so on the needs of the reader and the needs of narrations seem much more important than any political message. The political message is still there but it is not the first reason to tell a story. The first reason is to tell a story and to entertain the readers. These books are selling very well, and those who write them can earn their living.For a young writer it is hard to break even. You have to find a big German publisher not an Austrian. And the publishers are all in fear of failures. Such a failure costs up to 200 000 DM and even for a big publishing house this is a lot of money. The other way to get money by writing is to write for TV. There are a lot of private TVstations and they are always in need of good stories. Good in this case means thrilling and full of suspense and sex. And now we have to face the big paradox. Few writers do this job, because the say they don?t want to write pulp. I think there is another, much bigger problem than aesthetic reasons. It is hard to tell a chilling story believe me. And most of our writers know nothing about the art of storytelling. To prove it you only have to go into a bookstore and pick up a novel don?t look at the cover, the title or the name of the author, read the first page, if you stand it read the second. In ninety percent of the books your hair would immediately turn white. Readers know this. So they buy books by Salman Rusdhie, Toni Morrison, Isabell Aliende and by some Austrian writers like Koehlmaier who know how to tell a story.The last point: How to get famous in Austria? Provocation is a very good way to get the attention of the public. Like Werner Schwab who acts like a punk and destroys traditional theatre with his plays. Theatre is a good place for scandals. Nowhere else newspapers write so much about theatre scandals as in Austria. When Thomas Bernhard?s Heldenplatz took place at the Burgtheater it was the headliner at the news. At the same time there was a big conference about the MiddleEast in Vienna. It was in the second place in the national news.Now at the beginning of the new century you not only have to be a good writer but also a PRmanager of your own. Like everybody else you have to create an image and you have to find your unique sales point. You have to make good contacts with publishers and journalists. It is important to be in the society columns of the magazine, much more important than to be in literary magazines. Maybe internetpublishing will become important in the future, but at the time it is not. You can contact publishers, your homepage might make you a little bit better known in the subculture of Austrian literature, but I don?t think you will win the first prize by publishing your work on the internet unless your name is Stephen King. The internet is a good thing for bookstores. But if you are not famous nobody will search for your book at an Internet bookstore, as they wouldn?t do it even at a normal one.Ebooks and internet might be a needful thing for scientific writers. But for literature it is only a funny gimmick, because you can?t take a computer into the bathtub.At last: The most important phenomena of Austrian literature in the last ten years are the impact of postmodern writers who reconstructed mythological topics and connected them with actual political and social developments in Europe.| Wilhelm Kuehs |
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Screen Shot: Hyper Lander 2 Classic


HORVATH Krisztina
Warum versagt die Sprache?
Kommunikationsstoerung in Peter Handkes Werk

1. EINLEITUNG
2. DIE ROMANFIGUR : VON DER SCHOEPFUNG BIS ZUR REZEPTION
1. Erzaehlnormen und Innovation : Sonderheiten der Handkeschen Erzaehlweise
2. Gestaltung der Romanfigur in Handkes Erzaehlungen
3. Bewertung der Figuren als Leserorientation
3. DAS SOZIALE IM ROMAN
1. Die Romanfigur als sozialer Akteur
2. Individuum und Gesellschaft in Handkes Werken
3. Normen und Verstoesse
4. KOMMUNIKATIONSSTOERUNGEN
1. Wieso versagt die Sprache? Ebenen der Kommunikationsstoerung in Handkes Werken
2. Die Welt als semiologisches System: Interpretation und Dechiffrierung
3. Aggressivitaet und Machtverhaeltnisse
5. ZUSAMMENFASSUNG
6. LITERATURVERZEICHNIS
1. Primaertexte von Peter Handke
1. Behandelte Texte (benutzte Werkausgaben)
2. Weitere Primaertexte
2. Zu Peter Handke
1. Monographien, Sammelbaende und uebergreifend angelegte Darstellungen
2. Aufsaetze, Essays und Rezensionen zu einzelnen Texten
3. Allgemeine Sekundaerliteratur



Ich moechte lieber ahnen statt wissen. Sprache ist ja in aller Regel zerstoererisch. Wenn sie nicht den richtigen Augenblick findet, zerstoert sie das Ungesagte.
Peter Handke im Gespraech mit Andre Mueller fuer die Zeit vom 3. Maerz 1989


Weil die Angst vor dem Unsinn vorbei ist,
brauchen sie keine Ordnung mehr.
Und der eigene Eindruck? -
Weil der Unsinn vorbei ist, ist der Anblick
zugleich schon der Eindruck geworden.
Und die eigene Sprache?-
Peter Handke: Die Sinnlosigkeit und das Glueck

1. EINLEITUNG
In einem nach der Veroeffentlichung der Stunde der wahren Empfindung aufgezeichnetem Gespraech[1] sucht Peter Handke die Zielsetzung seiner schriftstellerischen Arbeit folgendermassen zu definieren: Ich muss das Gefuehl haben, dass andere das brauchen, dass es eine nuetzliche Literatur ist, im weitesten Sinn. [...] Ich moechte als Schriftsteller, zumindest ist das mein Wunschtraum, wie ein amerikanischer Schriftsteller sein: dass ich nicht einfach meine Phantasie und meine AEngste ausbreite, sondern dass ich da eine Geschichte finde, die die Kommunikation bewirkt [...], dass ich naemlich auch das schreiben will, was die Leute verdraengen, was sie wegtun . Doch scheint die zeitgenoessische Kritik von einer derartigen Kommunikationsintention kaum Notiz zu nehmen : Paradoxerweise treffen den Autor die meisten Vorwuerfe ausgerechnet wegen seiner Weltfremdheit und radikalen Leserfeindlichkeit . Der besonders gegen Handke gestimmte Manfred Durzak geht in seiner Kritik so weit, dass er behauptet: Die Handkeschen Werke seinen hoechstens als Dokumente einer psychischen Stoerung des Autors von Interesse, kaum aber als eine literarische Struktur, die Kommunikation bewirkt. Wo soll in der Wirklichkeitsdarstellung der [...] Buecher die Geschichte zu entdecken sein, die Kommunikation mit dem Leser bewirken soll? - schreibt Durzak[2] - Handke [...] scheint es gerade darauf angelegt zu haben, mit einer zur Manie des boesen Blicks gesteigerten Denunziationsenergie alles das zu ersetzen und als unsinnig zu entlarven, was den einzelnen an Wirklichkeitsbezuegen umgibt und in eine menschliche Gemeinschaft der andern andeutungsweise integriert. [...] Die Verdraengungen, die Handke hier moeglicherweise aufarbeitet, sind seine eigenen, sind die traumatischen Residuen eines Bewusstseins, die in unkontrollierten Schueben brockenweise nach oben geschwemmt werden und als psychische Textur im Hoechstfall noch den Autor betreffen koennen, aber kaum mehr den Leser .
Versucht man die auf Handkes Kommunikationsunfaehigkeit zielenden AEusserungen der zeitgenoessischen Kritik thematisch zu gruppieren, so ergeben sich im wesentlichen vier Punkte, die ihrerseits eng mit der rezeptionsaesthetischen Auffassung literarischer Werke verknuepft sind.
1. In Peter Handkes Werken praesentiert sich die Wirklichkeit entstellt und bleibt von daher so kulissenhaft und zufaellig [...] Dadurch, dass die Aussenwelt schemenhaft bleibt und die Entstellungen nur als Als-ob-Deformationen [...] gezeigt werden, wird das Bild der Wirklichkeit durch einen narzisstischen Spiegelsaal ersetzt[3] . Es sind also die Arbitraritaet und die Anwendung des Zufaelligkeitsprinzips, die den Autor daran hindern, in seinen Erzaehlungen auf die gesellschaftliche Wirklichkeit Bezug zu nehmen.

2. Die Handkeschen Geschichten handeln beinahe ausschliesslich von nicht Einzelfaellen. Ist es als Zugang zur Wirklichkeit transponierbar auf ein bestimmtes Existenzgefuehl in einer bestimmten historischen Situation, in der Handke schreibt?[4] - dies wird auf Seiten der Kritik ernsthaft in Frage gestellt. Indem die Protagonisten oft sozusagen pathologische Zuege aufweisen, koenne jede Deformierung der Aussenwelt als Ergebnis dieser Bewusstseinszerstoerung verharmlost und relativiert werden.
3. Die Verdraengungen, die Handke in seinen Erzaehlungen aufarbeitet, seien nicht blosse Symptomen irgendeines gespaltenen Bewusstseins, sondern geradezu die Offenbarungen der eigenen psychischen Stoerung des Autors[5] . Die wahnhafte Deformierung der Welt und die UEberbetonung des Ichs in den Texten seien also nicht einer Hermetik und in sich geschlossenen Struktur zuzuschreiben, sondern vielmehr dem Narzissmus und der rueckhaltlosen Subjektivitaet von Handke selbst. Demzufolge hiesse es: Handkes Werk sei geschlossen wie eine Auster, ein Zeichen- und Bedeutungslabyrinth wie das Universum eines Schizophrenen, in dem Sprache nicht mehr zur Mitteilung verwandt wird, sondern um Mitteilung zu verschluesseln[6] .
4. Indem der Autor die konventionellen Erzaehlmuster zerschlaegt und sie in einem scheinbar regellosem und verwirrendem Spiel neu zusammenfuegt, entfremdet er den Leser. Die durch die literarischen Modelle erweckte Erwartungen werden bewusst nicht erfuellt. Die bewusste Kuenstlichkeit [der] Texte wirkt [...] jeder Identifizierung des Lesers entgegen. [...] Allerdings kann die Rezeptionsschwierigkeit, die diesem Erzaehlverfahren inhaerent ist, nicht uebersehen werden: dass naemlich durch die radikale Verfremdung des literarischen Diskurses der Text ohne Kommunikation bleibt und damit auch seine aufklaererische und bewusstseinsfoerdernde Intention scheitert[7] .
An diesem Punkt koennen wir unsere Aufgabe formulieren. Sie besteht darin, die obigen Behauptungen der Kritik Schritt fuer Schritt zu untersuchen und mittels einer gruendlichen Analyse der Handkeschen Texte und unter Miteinbeziehung von einigen wichtigen theoretischen Schriften zu widerlegen. Dies soll in drei Schritten versucht werden. In einem ersten Schritt gilt es, die wichtigsten Innovationen von Handkes kuenstlerischen Schaffen kurz zu skizzieren. In diesem Teil der vorliegenden Arbeit soll vor allem auf die Fragen der Erzaehlhaltung und der Figurengestaltung naeher eingegangen werden, da diese kuenstlerischen Mittel fuer die charakteristisch entfremdende Wirkung der Handkeschen Texte besonders massgebend sind. In einem zweiten Teil sollen eventuelle (offene oder maskierte) gesellschaftliche Bezuege der behandelter Texte benannt und analysiert werden. Dabei gilt unsere besondere Aufmerksamkeit einerseits dem sozialen Geruest der dargestellten Romanbevoelkerung, andererseits den in den Charakteren integrierten gesellschaftlichen Wertsystemen, Normen und Normenverstoessen, die die Haltung des Lesers am nachhaltigsten zu beeinflussen scheinen. Schliesslich kommen wir zum dritten Schritt unserer Arbeit, wo untersucht wird, wie die Sprache in Peter Handkes Erzaehlungen zum wichtigsten Mittel der Gesellschaftskritik gemacht wird. An diesem Punkt ergibt sich ebenfalls die Frage nach der Wirkung und Funktionieren der Kommunikationsstoerungen, die auf allen Ebenen von Handkes Erzaehlungen zu beobachten sind und die nicht nur zu einer generellen Entfremdung des Lesers beitragen, sondern zugleich auch als Vermittler einer scharfen Kritik an den alltaeglichen menschlichen Interpretations- und Verstaendigungsmechanismen von besonderer Wichtigkeit sind.
2. DIE ROMANFIGUR : VON DER SCHOEPFUNG BIS ZUR REZEPTION
2.1. Erzaehlnormen und Innovation : Sonderheiten der Handkeschen Erzaehlweise
Was unterscheidet die Handkesche Schreibweise von den Erzaehlstrategien seiner Vorgaenger oder Zeitgenossen? Auffallend ist zwar die Haeufigkeit, mit der die Tageskritik Handkes bewusste Abkehr von bestimmten Erzaehlmustern und Gattungsgesetzen als entscheidenden Faktor seiner erzaehlerischen Haltung hervorhebt, nur ganz selten wird aber eroertert, welche Normen hier ueberhaupt gemeint sind. Wie in seiner Theorie des Erzaehlens Franz K. Stanzel darauf aufmerksam macht, sind Umfang, Ausmass oder Grad der schoepferischen Energie, die von einer bestimmten Form literarischer Gestaltung gefordert wird [...] schwer - wenn ueberhaupt - messbar. Fuer die Erzaehlliteratur bieten die in einer bestimmten Epoche gelaeufigsten Formen des Erzaehlens, also die historischen Erzaehlformen und der Grad der Deviation eines bestimmten Erzaehlwerkes von diesen Normen, gewisse Anhaltspunkte fuer die Einschaetzung des Ausmasses und der Intensitaet der aufgewendeten schoepferischen Energie[8] . Im Fall Peter Handkes werden jeweils der Verzicht auf die Spannung der Geschichte, die Aufhebung der erzaehlerischen Fiktion und der Verstoss gegen die Erwartungshaltung als Innovationen herbeizitiert. Ferner ist noch von einer entweder auffaellig distanzierten, oder sonderlich aus der Sicht einer Mittelpunktfigur berichtenden Erzaehlperspektive die Rede. Gelegentlich wird auch noch Handkes Tendenz erwaehnt, die Moeglichkeit einer auktorialen Erzaehlweise weitgehend zu vermeiden und die Motivation und Signifikanz aus dem Blickfeld auszuschalten. Sind aber all diese Kunstgriffe als Normenverstoesse, als Deviationen anzusehen?
In seinen theoretischen UEberlegungen verweist Stanzel auf den durchaus veraenderlichen Charakter der Erzaehlnormen, indem er die fuer den viktorianischen Roman gueltigen Normen mit den heutigen zu vergleichen sucht. Seine Schlussfolgerung lautet folgendermassen: Die auktoriale Erzaehlsituation oder die quasi-autobiographische Ich-Erzaehlsituation, die im viktorianischen Roman am haeufigsten anzutreffen waren da ihre Durchfuehrung an einen viktorianischen Autor die geringsten Anforderungen stellte sind heute als Norm nicht mehr zutreffend. [...] die Erzaehlnorm des Romans der Mitte des 20. Jahrhunderts ist nicht eine auktoriale oder eine autobiographische Ich-ES [Erzaehlsituation], sondern eine auktorial-personale ES[9] . Den Begriff Idealtyp oder Prototyp der Erzaehlsituation verwendet der Theoretiker fuer diejenige Struktur, die den Autoren einer bestimmten Epochen am gelaeufigsten ist, die von ihnen am wenigsten Aufmerksamkeit und kreative Anspannung bei der Abfassung fordert und die daher auch im Trivialroman vorherrscht . Es bleibt schliesslich die Frage, wie die fuer zeitgenoessische Literatur zutreffende Erzaehlnorm zu bestimmen sei und was man von einer Verfehlung dieses Idealtypus zu halten habe. Es scheint hier angebracht, noch einmal zu unterstreichen, faehrt Franz K. Stanzel fort, dass Idealtypen keine literarischen Programme sind, fuer deren Realisierung Autoren mit einer Praemie der Kritik belohnt werden[10]. [...] Ohne uns dem Sibboleth der heute so weit verbreiteten Deviationstheorie ganz zu verschreiben, koennen wir sagen, dass durch die Verfehlung des Idealtypus in der Gestaltung der Erzaehlsituation u.U. einer Erzaehlung eher poetische Qualitaet oder Literarizitaet zuwaechst als durch eine moeglichst weitgehende Annaeherung an einen Idealtypus .
Die Erzaehlsituation in den drei Handkeschen Texten deren gruendliche Analyse in der vorliegenden Darstellung angestrebt wird, ist keineswegs einheitlich. Vielmehr sehen wir uns berechtigt, ueber eine grundlegende AEnderung der Erzaehlhaltung zu sprechen, die sich von einer Erzaehlung auf die andere allmaehlich vollzieht. Bereits nach der Veroeffentlichung des Erzaehlbuchs Die Angst des Tormanns beim Elfmeter spricht die Kritik von einer Annaeherung des Autors an konventionelle Formen des Erzaehlens. Nach der Fabellosigkeit der frueheren Erzaehltexten entwirft hier Handke eine klar umrissene Figur , waehrend er auch zum erstenmal eine geschlossene Erzaehlperspektive durchhaelt. Zudem wirkt der Stil dieser Er-Erzaehlung auffaellig distanziert[11] . In der Tat haben wir hier mit einer sogenannten personalen Erzaehlsituation zu tun. Unter diesem Terminus versteht Stanzel jene Form des Erzaehlens, in der an die Stelle des vermittelnden Erzaehlers ein Reflektor [tritt]: Eine Romanfigur, die denkt, fuehlt, wahrnimmt, aber nicht wie ein Erzaehler zum Leser spricht[12] . Dieses Verfahren vermag es gewoehnlich, dem Leser eine Illusion der Unmittelbarkeit zu vermitteln. Dieser nimmt die Welt des Romans mit den Augen einer Reflektorfigur wahr, wodurch er meistens auch deren Perspektive uebernimmt. Diese Perspektive und die scheinbare Unmittelbarkeit sollten es dem Leser ermoeglichen, die psychologische Motivation der Reflektorfigur gruendlicher zu verstehen und sich demzufolge mit diesem weitgehend identifizieren zu koennen.
Wenn dies im Tormann-Roman nicht der Fall ist, liegt nicht allein an der Erzaehlperspektive, sondern hauptsaechlich an der Gestaltung des Reflektors Josef Bloch. Die Kritik wirft Handke nahezu einstimmig vor, er verzichte hier gerade auf das, was dem Kriminalroman so wesentlich scheint: auf die spannende Geschichte[13] . Die Spannung versprechende Mordgeschichte, die als eigenstaendige Gattung sonst einen ueberraschenden Schluss und logisch erschliessbare Kausalzusammenhaenge voraussetzt, frustriert hier den Leser hauptsaechlich dadurch, dass die Erzaehlperspektive sich konsequent auf das Unwichtige, ja auf das fuer die Loesung der Geschichte absolut Irrelevante verlagert. Dies erfolgt in einem engen Zusammenhang mit der sonderlichen Sehweise der Reflektorfigur, die offensichtlich darauf beharrt, alles aus einer verkehrten Perspektive wahrzunehmen: Als der Habicht dann auf der Stelle flatterte und herabstiess, fiel Bloch auf, dass er nicht das Flattern und Herabstossen des Vogels beobachtet hatte, sondern die Stelle im Feld, auf die der Vogel wohl herabstossen wuerde[14] . In aehnlicher Weise beobachtet er einen Mann anstelle des Hundes, der dem Mann gerade zulaeuft[15] oder statt des Stuermers den Tormann: Es ist sehr schwierig, von den Stuermern und dem Ball wegzuschauen und dem Tormann zuzuschauen , sagte Bloch. Man muss sich vom Ball losreissen, es ist etwas ganz und gar Unnatuerliches. Man sehe statt des Balls den Tormann, wie er, die Haende auf den Schenkeln, vorlaufe, zuruecklaufe, sich nach links und rechts vorbeuge und die Verteidiger anschreie. UEblicherweise bemerkt man ihn ja erst, wenn der Ball schon aufs Tor geschossen wird. [16] . In diesem verkehrten Blick liegt zugleich der Schluessel zur Loesung der ungewoehnlichen Erzaehlsituation. So wie Block, der statt des aktiven Stuermers, der mit seinem motivierten Verhalten die Aufmerksamkeit des Lesers mit einer groesseren Wahrscheinlichkeit erregen wuerde, eher dem passiven Tormann Beachtung schenkt, lenkt hier der Erzaehler unsere Aufmerksamkeit auf den unschluessig wartenden Moerder, waehrend das spannende Verfahren der polizeilichen Ermittlung ausser Acht gelassen bleibt.
Diese Erzaehlperspektive bleibt im Grunde auch bei der spaeteren Aufarbeitung derselben Thematik im Roman Die Stunde der wahren Empfindung aufrechterhalten. Auch hier haben wir mit einer Reflektorfigur zu tun, der die Rolle zukommt, den Leser zu verfremden. Noch mehr als im Tormann-Text konzentriert hier die Erzaehlung auf den Inhalt des Bewusstseins einer Romanfigur: Gregor Keuschnig. Nicht nur seine Sinneswahrnehmungen werden dem Leser unter der Illusion der Unmittelbarkeit dargeboten, sondern auch seine Gemuetsschwankungen, Traeume und innere Gedankengaenge. Trotz der scheinbaren Unmittelbarkeit verzichtet aber Handke keineswegs auf einen allwissenden Erzaehler und tritt dadurch bereits hier den Weg zum auktorialen Erzaehlen und zu einer Aussenperspektive an. Dieser Erzaehler verraet seine Anwesenheit u.a. durch eine Antizipation der Geschichte, die der notwendigen Einschraenkung des Wissens- und Erfahrungshorizontes zufolge aus der Sicht eines Reflektors kaum moeglich waere: So begann der Tag, an dem seine Frau von ihm wegging, an dem ihm sein Kind abhanden kam, an dem er zu leben aufhoeren wollte und an dem schliesslich doch einiges anders wurde[17] . Da dieser auktoriale Erzaehler nicht verpersoenlicht wird, braucht er auch seine Kenntnis von Keuschnigs Gedanken und Innenwelt vor dem Leser nicht zu motivieren. Waehrend er aber in das Bewusstsein Keuschnig ein direkter Einblick darbietet, verweigert er uns jegliche Einsicht in die Beweggruende der Romanfigur. Daraus folgen einige entscheidende Eigenheiten der Hauptfigur Keuschnig, die dann bei dem Lesers notwendigerweise eine weitgehende Entfremdung bewirken.
In der dritten Erzaehlung Die linkshaendige Frau wird Handkes Annaeherung an eine Aussenperspektive fortgesetzt. Im Vergleich zu den frueheren Texten erscheint diese Perspektivenaenderung als eine entscheidende Innovation in Handkes kuenstlerischen Schaffen, die auch in den meisten Analyseversuchen der Kritik hervorgehoben wird. Manfred Durzak spricht ueber eine in Abstand verharrende Erzaehlperspektive und ueber das Ausbleiben einer erzaehlerischen Introspektion. Er bemerkt: Die Figur Mariannes wird in ihren Gesten, ihrem Verhalten von aussen her abgetastet, wird nur als Erscheinungsbild vor den Leser hingestellt, ohne dass sie als Charakter, als Person eindeutig profiliert wuerde[18]. Auch Christoph Bartmann[19] macht auf diese Vision von aussen und zugleich auf die Haeufigkeit, mit der von den Augen der Linkshaendigen Frau die Rede ist , aufmerksam. Dies liesse nach Bartmann auf eine Reduktion von der ausladenen Symbolisierung innerer Zustaende hin zur asketischen Aussensicht schliessen: im Text sei also eine moeglichst unscheinbare Subjektivitaet, die ohne Innensicht auskommt intendiert. Obwohl aus diesem Text die innenweltlichen Vorgaenge bewusst ausgespart bleiben, wird hier weiterhin auf jede auktoriale Kommentierung und Werturteile verzichtet. In Wahrnehmungsprozesse und innere Monologe der Protagonistin wird zwar keine Einsicht mehr dargeboten, dennoch bleibt die Figur Marianne eine Art Reflektorfigur dadurch, dass ihre Anwesenheit und begrenzte Perspektive die Haltung des Erzaehlers zu motivieren scheint. Damit laesst sich die Erzaehlsituation als eine auktorial-personale bestimmen: Der Vermittlungsvorgang erfolgt aus der Position der Aussenperspektive wie bei der auktorialen Erzaehlform, zugleich ist aber der Handlungsablauf durch die eingeschraenkte Erfahrungsoptik einer Reflektorfigur orientiert.
Damit laesst sich also feststellen, dass das Erzaehlen der untersuchten Handkeschen Texte entweder aus einer personalen oder einer auktorial-personalen Erzaehlsituation stattfindet: ausgerechnet aus den Perspektiven, in denen Franz K. Stanzel die fuer den Roman der Mitte des 20. Jahrhunderts charakteristische Erzaehlnorm sieht. Die moderne Erzaehlliteratur hat der Bewusstseinsdarstellung mehr Aufmerksamkeit zugewendet als irgend einem anderen Aspekt der dargestellten Wirklichkeit und dabei ein sehr differenziertes Instrumentarium von Darstellungsformen entwickelt[20] , schreibt der Theoretiker. In dieser Optik kann Handkes Erzaehlhaltung wohl kaum als eine so entscheidende Deviation bewertet werden, dass sie allein imstande waere, die befremdenden Effekte Handkescher Texte zu erklaeren. Die bisher aufgedeckten Sonderheiten der Erzaehlstrategie Handkes lassen darauf schliessen, dass Erzaehlperspektive und Figurengestaltung eng miteinander verknuepft sind. Der eigentuemliche Charakter Handkes Werks sei also nicht allein durch die Untersuchung der Erzaehlposition zu ermitteln, sondern unter Miteinbeziehung von einer gruendlichen Analyse der Handkeschen Romanfigur.
2.2. Gestaltung der Romanfigur in Handkes Erzaehlungen
Die ersten Versuche, eine Poetik der Romanfigur zu entwickeln, wurden Anfang der 1970-er Jahren von franzoesischen Theoretikern unternommen. Unter dem entscheidenden Einfluss des Strukturalismus und des Nouveau-Romans wurde die Illusion der psychologischen Realitaet der Romanfigur blossgestellt indem man bewies: Die Figur sei nichts als Wortgewebe , eine blosse Papierkreatur[21] , die im hoechsten Fall als participant (Teilnehmer), keineswegs aber als  tre (Lebewesen) angesehen werden darf. Philippe Hamon kommt das Verdienst zu, den von der traditionellen Kritik so haeufig uebersehenen Zeichencharakter der Romanfigur erkannt und dafuer die unterscheidenden Termini personne und personnage eingefuehrt zu haben. Diese Begriffe, fuer die die deutschsprachige Literaturwissenschaft keine praegnante Entsprechung fertig hat, koennten als Persoenlichkeit und Person uebersetzt werden. Die Mode der psychoanalytischen Kritik traegt dazu bei, schreibt Hamon, [...] dass aus dem Problem der Romanfigur ein genauso verwickeltes wie schlecht gestelltes Problem gemacht wird [...] indem die Begriffe Persoenlichkeit und Person dauernd verwechselt werden. [...] Wir sind bestuerzt zu sehen, wie haeufig die sonst auf eine anspruchsvolle Methodik oder Verfahren basierenden Analyseversuche an dem Problem der Figur scheitern, weil sie auf diesem Gebiet ihre wissenschaftliche Prinzipien aufgeben um sich an den banalsten Psychologismus zu wenden[22] . Folgerichtig hat es keinen Sinn, in einer wissenschaftlichen Arbeit literarische Gestalten vor eine Art Tribunal zu stellen, als handle es von lebendigen Menschen, die sich wegen ihres Verhaltens zu rechtfertigen haetten. Vielmehr sollte man die Figuren als Zeichen ansehen, die an der Kommunikation Autor-Text-Leser einen wichtigen - wenn nicht geradezu den wichtigsten - Teil haben. Aus dieser Hinsicht soll auch die Rolle der Romanfigur in den Handkeschen Erzaehlstrategien untersucht werden.
Der gegen die Handkeschen Helden meist erhobenen Vorwurf der Kritik betrifft einerseits die geistische Irrealitaet im Verhalten der Figuren[23] , andererseits ihre moralische oder emotionale Rueckstaendigkeit, die jeder Identifizierung des Lesers entgegenwirke. Zitiert werden vor allem die lieblos durchgefuehrten Geschlechtsakte Blochs und vor allem Keuschnigs, wessen Gefuehllosigkeit seiner Tochter gegenueber Durzak besonders zu empoeren scheint. Im Sinne der Trennung die - wie wir bereits festgestellt haben - zwischen realen Personen und literarischen Figuren zu erfolgen hat, erscheint uns eine solche, auf die Psychologie der Figuren zielende Kritik unberechtigt. Nicht weniger unbegruendet ist aber die Aussage, moralische Rueckstaendigkeit der Figuren koennte bei dem Leser eine unwiderrufliche Ablehnung bewirken. Wir vertreten eher die Meinung, dass die Art und Weise wie der Erzaehler uns eine Romanfigur vor die Augen fuehrt die Einstellung des Lesers zu dieser Figur viel nachhaltiger beeinflussen kann, als irgendeine ideologische oder moralische Ansicht, die der Figur zugeschrieben wird. Vincent Jouve spricht in seinem Buch L Effet-personnage von einer Praedetermination der Rezeption der Romanfigur , die mittels der Anwendung bestimmter Erzaehltechniken stattfindet: Welcher Leser wuerde es behaupten, nie Sympathie fuer eine Figur empfunden zu haben, die jedoch unterschiedliche, den des Lesers sogar entgegengesetzte ideologische und moralische Optionen verteidigte? Ist vielleicht Raskolnikov nicht feig und dazu noch ein Moerder? Dennoch erreicht er, das wir seine Partei ergreifen[24] . Daher erscheint hoechst wahrscheinlich, das die Einstellung des Lesers in erster Linie davon abhaenge wie ihm die Figur von dem Text vorgestellt wird, und weniger von deren physischen und moralischen Portraet.
Wie wird aber in den Handkeschen Erzaehlungen die Hauptfigur ueberhaupt dargestellt und welchen Techniken ist ihr entfremdender Charakter zu verdanken? Das Portraet einer literarischen Figur, das sich bis zur letzten Seite der Erzaehlung in einem ununterbrochenen Prozess der Erweiterung und Bereicherung befindet, kann aus sehr verschiedenen Elementen bestehen. Einer der Wesentlichsten ist der Eigenname oder der eventuelle Beiname und Spitzname, mit dem die Figur bezeichnet ist. Nicht minder wichtig ist das physische Portraet, das die Sympathie des Lesers in einem besonders hohen Mass zu steuern vermag : Als Leser oder Zuschauer sind wir doch alle mehr oder weniger daran gewoehnt, den Held einer Geschichte in dem Schoensten der Darsteller zu erkennen. Zu dem Portraet gehoeren ferner noch die gesellschaftliche Position und soziales Verhalten der Figuren, die ihren Ausdruck oft in dem Beruf oder in den Familien- und Arbeitsverhaeltnissen finden. Nichtsdestoweniger charakteristisch sind aber die ideologischen und moralischen Grundsaetze, die die Figuren eventuell vertreten, die Beweggruende der von ihnen ausgefuehrten Handlungen und ihr Verhaeltnis zu der zum Ausdruck ihrer Ansichten verwendeten Sprache. Am allerwichtigsten sind aber die von dem Erzaehler festgelegten Richtlinien, die der Leser bei der Bewertung der literarischen Figuren zu beachten hat. Solche Kommentare haben einen unterschiedlichen Wert je nachdem, ob sie von dem Erzaehler, von der betroffenen Figur selbst oder von anderen Figuren stammen. In Die Angst des Tormanns beim Elfmeter werden Name und Beruf des Protagonisten gleich zu Beginn festgelegt : Josef Bloch war frueher ein bekannter Tormann, jetzt ist er Monteur und als solcher gerade entlassen worden. AEhnlich ergeht es Gregor Keuschnig, der ebenfalls bereits am Erzaehlanfang als Pressereferent der oesterreichischen Botschaft vorgestellt wird. Mit einer AEnderung der Erzaehlhaltung haengt zusammen, das in der Erzaehlung Die linkshaendige Frau die Protagonistin von dem Erzaehler nie anders als sie oder die Frau erwaehnt wird : Nur aus den Dialogen erfahren wir ihren Vornamen, Marianne. Auf dem ersten Blick erscheint dieser Wechsel als eine Innovation in der Handkeschen Erzaehlstrategie, in der Tat handelt es sich aber um eine Distanzierung der Hauptfigur gegenueber, die bereits in den frueheren Texten zu beobachten ist : Weder Bloch, noch Keuschnig werden im Laufe der Erzaehlung mit dem Vornamen bezeichnet, der Erzaehler verwendet immer wieder den unpersoenlich klingenden Nachnamen oder gar das Personalpronomen. Mit dieser Distanzierung steht das voellige Ausbleiben der physischen Portraets aller Protagonisten in Parallele. Nie wird Blochs oder Keuschnigs Gesicht oder Bekleidung beschrieben, und auch von Marianne heisst es lediglich das sie Augen hatte, die, auch wenn sie niemanden anschaute, manchmal aufstrahlten, ohne das ihr Gesicht sich sonst veraenderte [25], was aber im eigentlichen Sinn wiederum keine Beschreibung ist. Das der Erzaehler nie von der aeusseren Erscheinung seiner Figuren berichtet, mag wohl an der Innenperspektive der Reflektorfiguren liegen. Da die Wahrnehmung der dargestellten Wirklichkeit in allen Texten vom Standpunkt eines personalen Mediums erfolgt, bietet sich kaum Gelegenheit, eine ausfuehrliche Beschreibung dieser Reflektorfigur zu erstatten. Selbst wenn der Reflektor gelegentlich mit dem eigenen Aussehen (z.B. vor dem Spiegel) konfrontiert wird, hat sein wertender Kommentar nie das Gewicht einer zumindest scheinbar glaubwuerdigen Erzaehlerstimme. In seinen theoretischen Schriften betont Franz K. Stanzel, das selbst in einer personalen Erzaehlsituation, wo die Darstellung anscheinend allein durch die Wahrnehmung einer Reflektorfigur orientiert ist, ist in der Mitteilung dieser Wahrnehmung [...] auch noch die Stimme eines auktorialen Erzaehlers zu vernehmen, dessen point of view somit ebenfalls, wenn auch auf recht unbestimmte Weise, vom Leser registriert werden kann[26] . Diese Stimme gibt dem Leser in keinem von den drei hier behandelten Texten klare Anweisungen hinsichtlich die Bewertung der Protagonisten. Damit koennen wir zumindest teilweise erklaeren, warum sich der Leser besonders verunsichert und befremdet fuehlt.
Diese Desorientierung koennte theoretisch durch die Innenweltdarstellung der gesichtslosen und zum Teil auch namenlosen Figuren aufgehoben werden. Im allgemeinen ist dieses erzaehlstrategische Mittel ein aeusserst wirksames Mittel zur Sympathiesteuerung, weil dabei die Beeinflussung des Lesers zugunsten einer Gestalt der Erzaehlung unterschwellig erfolgt. Je mehr ein Leser ueber die innersten Beweggruende fuer das Verhalten eines Charakters erfaehrt, desto groesser wird seine Bereitschaft sein, fuer das jeweilige Verhalten dieses Charakters Verstaendnis, Nachsicht, Toleranz usw. zu hegen[27] . Solche Sympathiesteuerung durch die Illusion der Innensicht findet in Handkes Erzaehlungen nicht statt. Was der Leser mittels des unmittelbaren Einblicks in das Bewusstsein der Figuren erfaehrt, ist nicht die psychologische Motivation, sondern lediglich eine chronologische Aufeinanderfolge von Gemuetszustaenden und fluechtigen Eindruecken, die durch ihre Veraenderlichkeit und staendige Schwankungen zu der Verunsicherung des Lesers noch weiter beitragen. Das die Beweggruende konsequenterweise ausgespart, die Kausalprinzipien ausser Kraft gesetzt werden, laesst auch die meisten von den Protagonisten ausgefuehrten Handlungen als ein staendiges zielloses Hinundher erscheinen, das den Leser geradezu frustriert. Innenweltdarstellung, d.h., der von dem Erzaehler dargebotene Einblick in die Gedankengaenge und Sinneswahrnehmung der Protagonisten bilden hier nahezu die einzige Konstituente, woraus die mit keiner klaren physisch-psychologischen Eigenschaften ausgestatteten Figuren bestehen. Selbst in diesem einzigen Stoff der Figuren haeufen sich aber unmotivierte, erratische Elemente und offensichtlich bedeutungslose Details, die den Leser bereits durch ihre haarspalterische Minuziositaet ueberanstrengen, anstatt ihre Nachsicht zu hegen. In Die Angst des Tormanns beim Elfmeter heisst es an einer Stelle : Aus dem Sitzen war Bloch, ohne richtig aufzustehen, gleich weggegangen. Nach einiger Zeit blieb er stehen, fiel dann aus dem Stand sofort ins Laufen. Er trat schnell an, stoppte, lief jetzt rueckwaerts, drehte sich im Rueckwaertslauf um, lief vorwaerts weiter, drehte sich in den Vorwaertslauf um, wechselte nach einigen Schritten in den vollen Schnellauf ueber, stoppte scharf, setzte sich auf einen Randstein und lief sofort aus dem Sitzen weiter[28] . Die von der Hauptfigur durchgefuehrten, staendig stockenden Bewegungen im Raum erscheinen dem Leser, dem die psychologische Motivation ja nicht mitgeteilt wird, nicht nur unueblich, sondern durchaus ziel- und sinnlos. Die Erzaehlung Die Stunde der wahren Empfindung scheint ebenfalls aus solchen, durch [das] gleichzeitige Wahrnehmen scheinbar unverbunden nebeneinander liegenden[29] Bildern zu bestehen, die die von Keuschnig in Paris unternommenen Spaziergaenge und die dabei empfundenen Gemuetsschwankungen und minuzioese Beobachtungen beschreiben. Selbst Die linkshaendige Frau, die anscheinend neue erzaehltechnische Mittel verwendet, bildet keine Ausnahme : Zwar wird hier auf die Darstellung der Gedankengaenge der Protagonistin verzichtet, dennoch bleibt eine detaillierte Angabe unbedeutsamer und bruechiger Handlungselemente beibehalten : Sie ging, mit geschlossenen Augen, kreuz und quer durch den Raum ; dann, sich jeweils auf dem Absatz umkehrend, auf und ab. Sie bewegte sich rueckwaerts, sehr schnell, abbiegend, wieder abbiegend. [...] Sie setzte sich, stand auf, machte ein paar Schritte, setzte sich wieder. Sie nahm eine Papierrolle, die in einer Ecke lehnte, rollte sie auseinander, rollte sie wieder zusammen ; stellte sie schliesslich zurueck, wenig neben den alten Platz[30] .
2.3. Bewertung der Figuren als Leserorientation
Zum Teil sind also die verfremdenden Effekte der Handkeschen Erzaehlstrategie mit der fehlenden Motivation und der daraus resultierenden distanzierten Darstellung der Hauptfiguren zu erklaeren. Aus den oben ermittelten Sonderheiten der Figurengestaltung ergeben sich dennoch Folgerungen, die wir nicht ausser Acht lassen duerfen, wenn wir das Funktionieren und die Wirkung der Erzaehltechniken Peter Handkes zu verstehen suchen. So stossen wir unvermeidlich auf das Problem der Beurteilung der Figuren und der relativen Verlaesslichkeit der Reflektorfigur als Mittler des fiktionalen Geschehen an den Leser. Die unterschiedliche Verlaesslichkeit des auktorialen Erzaehlers und einer Reflektorfigur ist ein Problem, das in den meisten Romantheorien gestellt wird. Henri Mitterand[31] macht darauf Aufmerksam, das in dem Roman einzig der Diskurs eines auktorialen Erzaehlers ohne Kritik zu entnehmen sei, die Aussagen der Figuren gelte dagegen als relativ. Dieser Gedanke findet auch bei Franz K. Stanzel Bestaetigung, der feststellt : Der auktoriale Erzaehler [...] ist zwar auch nicht ueber alle Zweifel an seiner Wahrhaftigkeit zu erhaben, er kann aber dennoch in der Regel solange Glaubwuerdigkeit beanspruchen, als dem Leser nicht ausdruecklich signalisiert wird, das auch diesem Erzaehler gegenueber skeptische Zurueckhaltung am Platz ist[32] . In Peter Handkes Erzaehlungen, wo die Handlung (ohne jeglichen auktorialen Eingriff oder wertenden Kommentar des Erzaehlers) ausschliesslich aus der Sicht der Reflektorfiguren mitgeteilt wird, entsteht allmaehlich ein Zweifel an der Wahrhaftigkeit der Erzaehlung ausgerechnet durch eine Verunsicherung des Lesers, vor allem was die Verlaesslichkeit des wahrnehmenden Reflektors betrifft.
In seinem Buch Texte et ideologie untersucht Philippe Hamon die sogenannten wertenden oder normativen Apparaten , die in dem Erzaehltext eingebaut die Bewertung des Lesers orientieren. In dem Roman ist die Bewertung nicht unbedingt ein Monopol des Erzaehlers, behauptet Hamon, fuer die Bewertung einer Figur kann sowohl die Figur selbst, als auch der Erzaehler mit den verschiedenen Romanfiguren abwechselnd zustaendig gemacht werden. Damit aber dieser Urteil selbst zur Geltung kommt, muessen die wertenden Instanzen (ob Erzaehler oder Figuren) als vertrauenswuerdige Beobachter und kompetente, urteilkraeftige Bewerter qualifiziert werden. Im Fall einer Beobachterfigur ist es also von einem besonderen Interesse, die Sehfaehigkeit hervorzuheben und eventuell mit einem bestaetigenden Kommentar zu unterstuetzen[33]. In den Handkeschen Erzaehlungen ist von diesem Kriterium der Glaubwuerdigkeit nicht nur keine Spur, sondern es wird geradezu methodisch untergraben, indem der Leser auf die Seltsamkeit der Sehweise der Reflektorfigur aufmerksam gemacht wird. In der Angst des Tormanns beim Elfmeter heisst es gleich am Erzaehlanfang : Dem Monteur Josef Bloch [...] wurde [...] mitgeteilt, das er entlassen sei. Jedenfalls legte Bloch die Tatsache, das bei seinem Erscheinen [...] nur der Polier von der Jause aufschaute, als eine solche Mitteilung aus[34] . Durch den zweiten Satz wird die Verlaesslichkeit des nuechternen Tons nichtig gemacht : Die Tatsache des ersten Satzes entpuppt sich als Interpretation und zwar eine hoechst seltsame Interpretation. Wo so interpretiert wird, ist etwas nicht geheuer. Die Ordnung und Sachlichkeit der Saetze truegt[35] . Nicht nur als unglaubwuerdiger Interpret wird Bloch enthuellt, sondern auch als ungenauer Beobachter, dessen Sinneswahrnehmung staendige UEberpruefung und Korrektion bedarf. So heisst es an einer Stelle : Bloch bildete sich ein, die Geraeusche zu hoeren, mit denen die Bierflaschen aufs Spielfeld fielen. [...] Es kam ihm vor, als haette man die Flutlichtanlage eingeschaltet[36] . Immer wieder werden die von Bloch erfahrenen Objekte und Prozesse als Als-ob-Erscheinungen dargestellt, die in der Regel durch die Formeln Bloch kam es vor als , oder die Bilder schienen eingeleitet werden. OEfters werden Stoerungen in Blochs Wahrnehmungsvermoegen zur Sprache gebracht, die teils als absichtliche Prozesse charakterisiert werden : Er versuchte moeglichst wenig wahrzunehmen [S.8], teils aber automatisch eintreten : Bloch, der nicht gewohnt war, so viel Einzelheiten wahrzunehmen, schmerzte der Kopf [S.28] oder Bloch war gereizt. Innerhalb der Ausschnitte sah er die Einzelheiten aufdringlich deutlich : als ob die Teile, die er sah, fuer das ganze standen. [...] Auch tat ihm der Kopf weh [...] Die aufdringlichen Einzelheiten schienen die Gestalten und die Umgebung, in die sie gehoerten, zu beschmutzen und ganz zu entstellen [S.76-77]. Der Leser erfaehrt ausser der blossen Wahrnehmungen Blochs auch seine Gedankengaenge, die das Gesehene oder Gehoerte begleiten und bewerten, ist aber gleichzeitig gewarnt, diese Interpretationen fuer verlaesslich zu halten. Die Einschaetzungen der Reflektorfigur enthalten keine Anhaltspunkte, die dem Leser fuer eine Unterscheidung von Wichtiges und Unwichtiges behilflich sein koennten : Buchstaeblich war alles, was er sah, auffaellig. Die Bilder kamen einem nicht natuerlich vor, sondern so, als seien sie extra fuer einen gemacht worden. Sie dienten zu etwas. Wenn man sie ansah, sprangen sie einem buchstaeblich in die Augen. Wie Rufzeichen, dachte Bloch. [...] Die Ausschnitte, die man sah, schienen an den Raendern zu flimmern und zu zittern [S.87]. Nicht minder befremdend ist fuer den Leser das staendige Korrigieren der bereits wahrgenommenen und beschriebenen Erfahrungen : Bloch erwachte von dem Knallen und Schnaufen auf der Strasse, mit dem die Abfalltonnen in den Muellwagen gekippt wurden ; als er aber hinausschaute, sah er, das vielmehr die Falttuer eines Busses, der gerade abfuhr, sich geschlossen hatte [...] ; die Missverstaendnisse fingen wieder an [S.39]. Wenn die entfremdende Wirkung einerseits durch das Ausbleiben jeglicher orientierenden Erzaehlerkommentare erzielt wird, das den Leser geradezu zwingt, sich allein auf die nicht einmal halbwegs glaubwuerdigen Beobachtungen und UEberlegungen der Reflektorfigur zu verlassen, wird andererseits das Vertrauen des Lesers durch den Aussenseitercharakter Blochs erschuettert. Zu Recht bemerkt Stanzel, das die verfremdende Wirkung der erlebten Wahrnehmung [...] im modernen Roman meist nicht mehr mit allegorie- und fabelaehnlicher Rolleneinkleidung erzielt [wird] [...], sondern durch die Wahl von Charakteren vor allem aus den Randschichten der Gesellschaft. Die Zahl der Aussenseiter, Verfemten, Deklassierten, die im modernen Roman mit dieser Funktion betraut werden - man denke an Leopold Bloom, Josef K., Bieberkopf, Meursault -, ist auffaellig gross. Die Konzentration auf die Seh- und Erlebnisweise eines Geisteskranken oder Debilen [...] ist als konsequente Fortsetzung der Tendenz zur Verfremdung durch eine extreme Form der Mediatisierung zu verstehen[37] . Diese Definition des modernen Romancharakters mag wohl auf jeden Handkeschen Protagonisten zuzutreffen, zumindest erscheint es der Kritik offensichtlich verfuehrerisch, Handkes Erzaehlungen in einer psychoanalytischen Interpretation als Krankengeschichten zu lesen. So wird zum Beispiel Blochs Wahrnehmungssystem haeufig als das eines Schizophrenen identifiziert, der nicht mehr imstande ist, sich aus seiner sonderbaren Wahrnehmungsweise zu loesen, d.h., von sich selbst zu abstrahieren und seine Perspektive auf die Wirklichkeit zu relativieren[38] .
Waehrend Blochs zielloses Umherirren und merkwuerdig planloses und unmotiviertes Verhalten haeufig mit der beginnenden Schizophrenie gleichgesetzt wird, sind bereits mehrere Interpretationsversuche unternommen worden, die Gregor Keuschnig der Stunde der wahren Empfindung als einen typische Borderline-Patienten ansehen. Wolfgang Ignee oder Tilmann Moser identifizieren Keuschnig als eine neurotische Gestalt, die die Welt als eine Welt von Zeichen, von Symbolen erlebt und die Sexualitaet als eine vermeintliche Bruecke zum anderen zu betrachten und zu benutzen pflegt, wobei der Partner nicht als Partner wahrgenommen zu werden braucht, sondern nur als Objekt kurzer, aber komplizierter Verschmelzungsvorgaenge fungiert [39] . Wie vorher im Fall Blochs, erfaehrt der Leser die Aussenwelt auch in der Stunde der wahren Empfindung aus der Optik des Protagonisten, der zugleich eine Reflektorfigur ist. Wie frueher Bloch, ist auch Keuschnig ein sonderbarer Beobachter, von dem ein objektiver Bericht der Aussenwelt kaum zu erwarten ist. Seine Sinneswahrnehmung vermischt sich mit inneren Monologen, die das Beobachtete zugleich bewerten. Diese Bewertung erfolgt aber aus einem ueberaus schwankenden Standpunkt, der sich unter dem Einfluss Keuschnigs Gemuetsbewegungen fortwaehrend aendert. So erscheinen ihm die beobachteten Objekte mal furchterregend und bedrueckend, mal beruhigend und harmonisch : Trotzdem machte ihn schon der naechste Blick auf die Wolken wieder verdrossen. Er wollte nichts mehr sehen. Verschwinde endlich - alles! [...] - Ich nehme wahr wie fuer jemand andern! dachte Keuschnig. Es war aber eine kurze Anmerkung. Mit der Bewegung, mit der er dann vom Gehsteig in den Drugstore an der Avenue Matignon einbog, kam er sich auf einmal, wenigstens fuers erste, gerettet vor[40] . Der Traum, der Keuschnigs Unbehagen ausloest und der als Erfahrungsschock den Protagonisten aus dem Alltagstrott herausreisst, repraesentiert keine ausreichende Motivation fuer eine so abrupte Loesung aller Beziehungen und fuer ein derart asoziales Verhalten, wie Keuschnigs : Als sie in den Taxi stieg, dachte er daran, ihr zu sagen : Ich hoffe das du zurueckkommst. Er versprach sich aber und sagte, in demselben Ton, in dem er eigentlich das andere meinte : Ich hoffe, das du stirbst. [41] . Noch ausdruecklicher als Bloch im Tormann-Text, schaetzt sich Keuschnig selbst als Aussenseiter ein. Waehrend der Selbstbewertung des Protagonisten in der Angst des Tormanns beim Elfmeter noch keine besonders wichtige Rolle zukommt, schaetzt sich Keuschnig, dessen Bewusstseins- und Koerperempfindungen sich stets ueberlagern, selbst immer wieder als einen Aussenseiter ein. Ab heute fuehre ich also ein Doppelleben, dachte er. Nein, gar kein Leben : weder das gewohnte werde ich nur vortaeuschen, noch ein neues ; [...] Ich fuehle mich hier nicht mehr am Platz, kann mir aber ueberhaupt nicht vorstellen, irgendwo anders am Platz zu sein ; kann mir nicht vorstellen, so weiterzulesen, wie bis jetzt, aber auch nicht, zu leben, wie jemand andrer gelebt hat oder lebt[42] . Wie frueher Bloch, so wird nun auch Keuschnig mit seinem Spiegelbild konfrontiert : Unter diesem Vorwand bewertet er nicht nur das eigene Ich, und zwar durchaus negativ, sondern auch seine Bewusstseinsgespaltung und seine Verfremdung, ja Ekel vor sich selber kommen zum Vorschein : Im Innenspiegel des Taxis erblickte er unversehens sein Gesicht. Er wollte es zuerst nicht erkennen, so entstellt es war. Ohne das er nach Vergleich suchte, fielen ihm sofort mehrere Tiere ein. Jemand mit diesem Gesicht konnte weder Gedanken noch Gefuehle aussprechen. Er schaute sich noch einmal an, aber weil er jetzt, wie am Morgen bei dem Spiegel vor der Baeckerei darauf vorbereitet war, fand er das Gesicht nicht wieder, auch nicht, als er suchte, indem er Grimasse schnitt. Aber es war passiert : mit diesem einzigen vorgefassten Blick hatte er auch noch das Einverstaendnis mit dem eigenen Aussehen verloren. [...] Jedenfalls sollte man mit einem solchen Gesicht still sein, dachte er. Mit dieser Larve war es sogar eine Anmassung, Selbstgespraeche zu fuehren. Undenkbar, noch einmal freundschaftlich Na du! zu sagen. Andererseits - und bei diesem Gedanken setzte er sich auf - konnte er sich mit einem solchen Gesicht auch die Gefuehle leisten, die bis jetzt nur in den Traeumen vorgekommen waren! [...] Mit dieser gemeinen Miene gab es keine Ausreden. Keuschnig traute sich alles zu [...] Keuschnig bekam Angst vor sich selber[43] . Eine solche befremdende Darstellungstrategie ist um so bemerkenswerter, als dadurch die Sympathie des Lesers Keuschnig doppelt, einerseits als einem sich seltsam benehmenden Protagonisten, andererseits als einer subjektiven und unverlaesslichen Beobachterfigur, verweigert wird. Die Innovation der Stunde der wahren Empfindung ist dennoch nicht diese Steuerung der Verfremdung, sondern das Auftreten einer zweiten Beobachterfigur, die den Protagonisten von aussen her bewertet und damit den fehlenden Bezug zu der Wirklichkeit wiederherstellt. Dies ist die Aufgabe des oesterreichischen Schriftstellers, in dem manche Kritiker sogar eine Art Alter-Ego Keuschnigs zu sehen pflegen. Durch die Beobachtung des Schriftstellers wird Keuschnigs Verhalten aus einer anderen Perspektive gezeigt und zugleich treffend beschrieben. Die von dem Schriftsteller durchgefuehrte Verbalisierung und Analyse Keuschnigs seltsamen Benehmens dient vor allem als Orientierungspunkt fuer den verunsicherten Leser, der bis jetzt vergebens nach einer Einlaeuterung der Situation gesucht hat.
Auch Marianne, die Protagonistin der Linkshaendigen Frau gehoert zu den Aussenseitern. Wie Bloch und Keuschnig, aendert auch sie ihr Leben schlagartig, ohne dafuer einen besonderen und explizit ausgedruckten Beweggrund zu haben. Im Unterschied zu den frueheren Erzaehlungen Handkes wird aber hier zum ersten Mal auch auf die Innenweltdarstellung der Hauptfigur verzichtet, die im uebrigen ein wirksames Mittel ist, den Leser zugunsten einer Romangestalt zu beeinflussen. Diese Strategie wird von Stanzel folgendermassen bewertet : In Peter Handkes Roman Die linkshaendige Frau (1976) werden ziemlich konsequent die innenweltlichen Vorgaenge, die offensichtlich das erzaehlte Geschehen begleiten, ausgespart. Hier werden ganz bewusst im Text Unbestimmtheitsstellen gelassen, durch die der Leser fortlaufend zur Komplementierung des Erzaehlten aus seiner eigenen Vorstellungs- und Erfahrungswelt veranlasst wird[44] . Laesst der Text den Leser darueber meistens im Zweifel, was die Protagonistin empfindet und wie sie die anderen Figuren bewertet, so erfahren wir hier ausfuehrlich, wie sie selbst von den verschiedenen Bewerterfiguren eingeschaetzt wird. Waehrend in der Stunde der wahren Empfindung nur noch eine Figur imstande war, die Situation des Protagonisten zu versprachlichen, so finden wir in dieser Erzaehlung bereits eine umfangreiche Gruppe von Figuren, die Marianne von verschiedenen Standpunkten her zu analysieren und einzuschaetzen versuchen. Der Ehemann Bruno, die Lehrerin Franziska, der Verleger, der Vater, der Schauspieler und sogar das Kind Stefan kommentieren einer nach dem anderen Mariannes Bemuehungen, ihr Leben zu aendern. Die Protagonistin selbst bildet keine Ausnahme : Sowohl in Dialogen, als auch in - vor dem Spiegel gefuehrten - Selbstgespraechen drueckt sich ihre eigene Haltung und Selbsteinschaetzung aus. Die Frau : Ich bin beklommen, glaube ich; [...] Sie ging zu dem Spiegel im Flur und sagte Jesus - Jesus - Jesus. [...] Zuhause stand die Frau vor dem Spiegel und schaute sich lange in die Augen ; nicht um sich zu betrachten, sondern als sei das die einzige Moeglichkeit, ueber sich in Ruhe nachzudenken. Sie begann, laut zu sprechen : Meint, was ihr wollt. Je mehr ihr glaubt, ueber mich sagen zu koennen, desto freier werde ich von euch. [...] Sie stand vor dem Spiegel und sagte : Du hast dich nicht verraten. Und niemand wird dich mehr demuetigen![45] . Im Parallele zu diesem doppelten Bewertungssystem sind dem Leser im Laufe der Erzaehlung verschiedene Zeichen der Regression begegnet, die, wie das Loch im Pullover oder das fehlende Knopf, den Weg der Protagonistin zum Aussenseitertum illustrieren. Wenn die linkshaendige Frau trotz der fehlenden Motivation, der ausgesparten Innenweltdarstellung und den widerspruechlichen Aussagen der wertenden Figuren nicht zu einer negativen Figur wird, liegt hauptsaechlich daran, das diese sich im Laufe der Geschichte als nicht glaubwuerdiger und nicht weniger Aussenseiter enthuellen, als die Protagonistin selbst. Die elementare Angst, die Bruno in seiner Einsamkeit in Finnland empfindet und die zwanghafte Suche nach Geborgenheit, die er nach seiner Heimkehr unternimmt, Franziskas Flucht vor dem Alleinsein in die Frauenbewegung, des Verlegers abrupte Trennung von seiner Freundin, begruendet allein durch den Gedanken, das diese ihm einen juengeren Mann vorziehen koennte, all diese Tatsachen sprechen dafuer, das Glaubwuerdigkeit und Urteilkraeftigkeit der Figuren eng mit der Position verknuepft ist, die sie in dem sozialen Geruest des Romans besetzen. Was daraus zu erschliessen ist, ist zunaechst die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Aspekten der Handkeschen Romanfiguren. Die soziale Dimension darf also bei einer Betrachtung verfremdender Effekten der Erzaehlstrategien Peter Handkes nicht ausser Acht gelassen werden.
3. DAS SOZIALE IM ROMAN
3.1. Die Romanfigur als sozialer Akteur
Worauf eine soziale Welt gegruendet wird [...] ist das dialektische Verhaeltnis zwischen der Welt und dem Roman, durch das die Fiktion ergriffen werden kann [...][46] - schreibt Claude Duchet in Lectures sociocritiques. Fuer Duchet ist der Roman ein fiktiver Raum, dessen Organisation von spezifischen narrativen Techniken abhaengt, aber zugleich auch ein gesellschaftlicher Mikrokosmos, dessen Elemente die Totalitaet einer kulturellen Einheit brechen, die selbst in die reale Welt eingeordnet ist. Gerade weil der Roman wie eine Gesellschaft funktioniert und sich auf unsere soziale Erfahrungen beruft, gelingt er zur Kohaerenz einer Praxis, und dadurch, zweifelsohne, auch zur Literarizitaet . Diese Definition der Beziehungen zwischen Roman und Gesellschaft erscheint uns um so interessanter, als er darauf verzichtet, den sozialen Aspekt eines literarischen Textes unmittelbar in der ausserliterarischen Realitaet zu suchen. Anstatt uns mit der Genese oder Rezeption eines Werkes zu befassen um dessen Originalkontext wiederherzustellen suchen, koennen wir also das Soziale auch woanders suchen : im Textes selbst. Nicht in der Absicht, den literarischen Text als unmittelbare Widerspiegelung einer Ideologie oder als historisches, oekonomisches oder kulturelles Dokument der realen Gesellschaft seiner Entstehungsepoche zu lesen, wie das von Georg Lukacs empfohlen wird. Diejenige Kritiker, die bei Handke die Schemenhaftigkeit und Deformation der Aussenwelt als das voellige Ausbleiben jeder sozialen Dimension auffassen und den subjektiven Ton der Handkeschen Erzaehlungen mit einer totalen Interesselosigkeit fuer gesellschaftliche Fragen gleichsetzen, scheinen mit Lukacs darueber einverstanden zu sein, dass nur realistische Kunst kann [...] die Wirklichkeit konkret und adaequat widerspiegeln, weil sie die Erscheinungen nicht aus dem Gesamtzusammenhang herausloest[47] . Hingegen sind wir hier vielmehr der Meinung, die Peter V. Zima in seiner Textsoziologie vertritt : Es waere jedoch falsch anzunehmen, dass Literatur die gesellschaftliche Widersprueche unmittelbar wiedergibt ; diese erscheinen vielmehr als durch die literarische Produktion vermittelt : Auf Grund dieser entscheidenden Konstellation ist das Werk selbst widerspruechlich[48] .
Wie soll aber das Soziale im Erzaehltext und vor allem in der Struktur der Romanfiguren aufgedeckt werden? Im Roman, wo alles bedeutet und kein Detail auf den Zufall ueberlassen wird, ist das Soziale ueberall anwesend. Folglich kann die Romanfigur selbst, die davon nur einen Bruchteil, eine Bedeutungseinheit unter so vielen anderen darstellt, kaum mit einer Totalitaetsanspruch untersucht werden. Dennoch unterscheidet sie sich aufgrund ihres antropomorphen Charakters von den uebrigen Bedeutungeinheiten des Romans, indem sie mit allen sozialen Umgangsformen des Menschen (mit der Art und Weise, wie dieser sich ernaehrt und bekleidet, wie er wohnt, arbeitet, leidet, geniesst, usw.) gekennzeichnet werden kann. Ein Vierteljahrhundert nach der Veroeffentlichung von Philippe Hamons[49] Plaedoyer fuer einen semiologischen Status der Romanfigur besteht heute kein Zweifel mehr, dass fiktive Gestalten nicht als Personen, sondern als Zeichen anzusehen sind, die ihrerseits wiederum aus sprachlichen Zeichen bestehen und zugleich mit verschiedenen semiologischen Systemen der wirklichen Gesellschaft eng verknuepft sind. Diese komplexe Zeichen erfuellen aber ihre Rolle erst wenn der Text von einem Leser aktualisiert wird, das heizt, in der Interaktion, die zwischen Text und Leser ablaeuft. Ausschlaggebend ist, dass im Lesevorgang der Leser der Romanfiguren nicht vereinzelt, sondern in ein quasi soziales Umfeld eingebettet begegnet, wo diese bestimmte Stellen besetzen und gewisse gesellschaftliche Rollen spielen. Erfahrungen aus der Lebenspraxis koennen dem Leser die Orientierung in solchen Romangesellschaften verbuergen : die Lesersympathie kann durch die den einzelnen Figuren zugeteilten gesellschaftlichen Positionen entscheidend beeinflusst werden. Hier soll jetzt eine der wesentlichsten Konsequenzen fuer die Interpretation beschrieben werden, die direkt aus der hierarchischen Darstellung von Romangesellschaften herzuleiten ist : Je groesser ist das gesellschaftliche Ansehen, dass eine Romanfigur in der fiktiven Romangesellschaft geniesst, desto groesser wird auch die Bereitschaft des Lesers, sich mit dieser Figur zu identifizieren. In bestimmten traditionellen Erzaehlmustern (denken wir bloss an den Bildungsroman) bildet der Sozialisationsprozess eines Protagonisten geradezu das zentrale Thema des Romans. Dagegen kann eine misslungene Sozialisation jeder Identifikation entgegenwirken. Folgerichtig wird einer als Aussenseiter oder weltfremder Sonderling dargestellten Romanfigur die Lesersympathie oft verweigert, besonders dann, wenn - wie es in Handkes Erzaehlungen meistens der Fall ist - das Verhalten der Aussenseiterfiguren durch keine ausreichende Motivation rechtfertigt wird. Statt Sozialisation geht es in Peter Handkes Texten ausgerechnet um die Loesung aller gesellschaftlichen Bindungen der Protagonisten, und sogar dieser Entfremdungsprozess vollzieht sich scheinbar ohne Grund. Die Interpretation der Handkeschen Protagonisten, die gegen die von der Romangesellschaft vertretenen Normen verstossen, wird dem Leser besonders erschwert, indem er durch die sonderlich Erzaehlperspektive stets in Unsicherheit gehalten wird. Die Handlung wird ihm allein aus der durchaus unverlaesslich erscheinenden Perspektive der Haupt- und zugleich Reflektorfiguren mitgeteilt, die jedoch nie durch explizite Erzaehlerkommentare bestaetigt oder verurteilt wird. Diese Situation wird von Wolfgang Iser folgendermassen beschrieben : Dabei kann der Leser sich allerdings weder auf die Bestimmtheit gegebener Gegenstaende noch auf definierte Sachverhalte beziehen, um festzustellen, ob der Text den Gegenstand richtig oder falsch dargestellt hat. Diese Moeglichkeit des UEberpruefens, die alle expositorischen Texte gewaehren, wird vom literarischen Text geradezu verweigert. An diesem Punkt entsteht ein Unbestimmtheitsbetrag, der allen literarischen Texten eigen ist, denn sie lassen sich auf keine lebensweltliche Situation so weit zurueckfuehren, dass sie in ihr aufgingen beziehungsweise mit ihr identisch wuerden. [...] Wenn der Leser die ihm angebotenen Perspektiven des Textes durchlaeuft, so bleibt ihm nur die eigene Erfahrung, an die er sich halten kann, um Feststellungen ueber das vom Text vermittelte zu treffen[50] . Um sich in der Welt des Romans doch zurechtzufinden bleibt dem Leser wohl nichts anderes uebrig, als sich mit den verschiedenen, durch die Romangesellschaft vermittelten Werten auseinanderzusetzen, um auf dieser Weise zu einer befriedigenden Interpretation der Protagonisten zu gelingen. Wir koennen also feststellen : Wo es zwischen Aussenseiterfigur und Gesellschaft zu einem Konflikt kommt, kann der Leser der Wahl nicht entgehen, die Partei eines der beiden entgegengesetzten Wertsystemen zu ergreifen.
3.2. Individuum und Gesellschaft in Handkes Werken
Die Handkeschen Protagonisten gehoeren nicht a priori zu den Randschichten der Gesellschaft, vielmehr scheinen sie eine Art Sonderstatus zu geniessen. Manfred Durzak nennt sie zutreffend oekonomisch freischwebende Existenzen[51] , die zumindest in bequemen Verhaeltnissen leben. Bloch ist frueher als bekannter Fussballtormann mit seiner Mannschaft durch die Welt gereist. Keuschnig lebt als Pressereferent der oesterreichischen Botschaft im eleganten sechzehnten Arrondissement in Paris, Marianne, die Protagonistin der Linkshaendigen Frau, die mit einem wohlhabenden Geschaeftsmann verheiratet ist, in einer Bungalowsiedlung, ueber dem Dunst einer grossen Stadt[52] . Wenn ihre Integration in die Gesellschaft trotzdem nicht oder nur unvollstaendig erfolgt, liegt es an der elementaren Angst, die sie gemeinsam haben : eine bedrueckende Angst vor dem Ertapptwerden, Angst, aus der Rolle zu fallen. Sie scheinen alle Masken zu tragen, empfinden aber dabei ein Unbehagen, von dem sie sich schliesslich gezwungen fuehlen, das Rollenspiel aufzugeben und zugleich auf ihre soziale Position zu verzichten. In der modernen Literatur dient das Maskenmotiv haeufig zur Verdeutlichung eines Identitaetszerfalls : Die Maske erlaubt dem Individuum eine Rolle zu spielen, sich zu verbergen. Sie setzt aber das Individuum als das von seinen Masken Verschiedene voraus[53] . Handkes Protagonisten befuerchten alle, dass ihnen eines Tages die Maske von dem Gesicht gerissen wird und das dahinter verborgene wahre Gesicht zum Vorschein kommt. Sie vermuten, dass eine derartige Enthuellung ihrer wahren Identitaet von Seiten ihrer Umgebung nichts anderes als Abscheu und Zurueckweisung hervorrufen wuerde. Was aber hier als Umgebung gemeint wird, ist auf merkwuerdige Weise nicht die oeffentliche Sphaere, die nach Naegele und Voris zunehmend Entfremdungscharakter annimmt[54] . In erster Linie handelt es sich bei Handke um die private Sphaere, die gewoehnlich durch eine Trennung des buergerlichen Subjekts in ein privates und oeffentliches [...] mehr und mehr [...] beinahe als der einzige Raum fuer individuelle Entfaltung gesehen wird : die OEffentlichkeit ist da, wo man nicht bei sich selbst ist, wo man gesellschaftliche Rollen spielt, also fremdbestimmt ist, nicht selbstbestimmt. [...] Das Resultat ist ein Selbstgefuehl, das sich nur noch in der Innerlichkeit findet und fuer das alles OEffentliche aeusserlich und selbstentfremdend ist. Nur im kleineren Kreis der Familie, der Freundschaft geniesst man sich selbst[55] . Von einer solchen Innerlichkeit in Familien- und Freundeskreis kann in Handkes Erzaehlungen kaum die Rede sein. Ganz im Gegenteil erscheint den Protagonisten gerade die private Sphaere bedrohlich, waehrend sie sich in den gewohnten gesellschaftlichen Rollenspielen der OEffentlichkeit am meisten verborgen fuehlen. Bloch ist geradezu fasziniert von der Selbstaendigkeit, mit der [...] die Kinokassiererin den Teller mit der Eintrittskarte ihm zugedreht hatte. Er war ueber die Schnelligkeit der Bewegung so erstaunt gewesen, dass er fast versaeumt hatte, die Karte aus dem Teller zu nehmen. Er beschloss, die Kassiererin aufzusuchen[56] . In der Stunde der wahren Empfindung kommt noch ausdruecklicher zur Sprache, wie sich der Angstzustand, in dem sich der Protagonist Keuschnig stets befindet, durch den Umgang mit Fremden in lebensueblichen Alltagssituationen mildert. Diese Art der Geborgenheit erlebt Keuschnig zum erstenmal beim Blumenkauf : Er war nur einer unter vielen, beschaeftigt mit Alltaeglichem, so sorglos, dass er Blumen kaufte. Er nahm sich vor, pedantisch zu sein. Im kuehlen Blumengeschaeft, als jemand, der sich Gladiolen einwickeln liess, fuehlte er sich so geborgen, dass er der Verkaeuferin helfen wollte, die Schleife zu binden. [...] Dass sie waehrend ihrer ganzen Taetigkeit, vom Beschneiden der Stengel, dem Entfernen der welken Bluetenblaetter bis zum UEberreichen des Strausses keine Bewegung zu viel machte, war jetzt schoen. Er fuehlte sich in dem Laden wie untergestellt. Er konnte laecheln, wenn ihn dabei auch die Lippen spannten, und sie laechelte auch. Gerade diese nur geschaeftsmaessige Freundlichkeit erschien ihm als eine menschenwuerdige Behandlung, und sie ruehrte ihn[57] . Eine aehnliche Erleichterung empfindet Keuschnig in der Pressekonferenz, in dem Restaurant oder nach dem Geschlechtsverkehr mit dem unbekannten Maedchen im Botschaftsgebaeude ; jedesmal also, wenn er sich aeusserst unpersoenlich behandelt fuehlt. Er scheint solche mechanisch ausfuehrbaren Handlungen, die in ihrer Formelhaftigkeit keine Eigeniniziative fordern, der vertrauteren Formen der Kommunikation zu bevorzugen. Ein Offizier tastete ihn ab [...] Endlich etwas, was ohne mich geschieht - etwas, wo ich unbeteiligt zuschauen kann. Eine freie Sekunde! Er wollte irgendwem, irgend etwas dankbar sein. [...] In diesem Moment erlebte er ueberrascht die unpersoenliche Beruehrung der Haende, die seine Schultern abklopften, als eine Aufmunterung. [...] Jetzt nicht wieder gleich alles vergessen, dachte Keuschnig. Dieses ganz sachlich gemeinte Abtasten habe ich heute, um sechs Uhr abend, als eine Zaertlichkeit empfunden![58] Wie vorher bei dem Geschlechtsakt, woran das Besondere fuer ihn ausgerechnet das Gefuehl ist, nicht mit einer einmaligen, bestimmten Frau zusammenzusein und dass er fuer sie austauschbar war[59] , fuehlt sich Keuschnig auch in der Pressekonferenz von dem Gedanken seltsam behuetet, dass fuer ihn Politik gemacht wurde[60] . In den unpersoenlichsten Augenblicken des oeffentlichen Lebens erhaelt er durch die Verschmelzung mit der Masse eine neue, wenn auch nur formelhafte Identitaet, die die Kluft zwischen seiner Maske und seinem wahren Ich ploetzlich zu ueberbruecken scheint : Es war so wohltuend, mit den Formulierungen andrer ueber sich nachzudenken : das Programm, das er mitschrieb, sagte ihm, wie er war und was er brauchte, sogar in einer Reihenfolge! [...] Ich bin definiert! dachte er - und das schmeichelte ihn. Definiert zu sein machte ihn endlich anauffaellig, auch vor sich selber[61] . Die Suche nach Geborgenheit in der Unpersoenlichkeit verschiedener Dienstleistungen wird auch in der Linkshaendigen Frau thematisiert. Der soeben aus Finnland heimgekehrte Bruno formuliert an dem Tisch eines Restaurants die auch von Bloch und Keuschnig erlebte Erfahrung: Heute hatte ich es noetig, so bedient zu werden. Welch eine Geborgenheit! Welch eine kleine Ewigkeit! [...] Das Objekt dieser stolzen, respektvollen Dienerarbeit zu sein [...] bedeutet [...] wenn auch nur fuer kurze Stunde des Teetrinkens, nicht allein die Versoehnung mit sich selber, sondern, auf eine seltsame Weise, auch die Versoehnung mit der gesamten menschlichen Rasse. [62] . Ein aehnliches Behuetetsein erlebt auch die Protagonistin, die sich ausgerechnet in der unpersoenlichen Atmosphaere des Supermarkts wohlfuehlt : Ich fuehle mich manchmal wohl hier. Franziska zeigte auf einen Sehschlitz hinter einer Styroporwand, wo ein Mann in einem weissen Kittel die Kaeufer beobachtete. Im Laerm musste sie schreien : Und von diesem lebenden Toten fuehlst du dich wahrscheinlich auch noch behuetet? Die Frau : Er passt in den Supermarkt. Und der Supermarkt passt zu mir. Heute jedenfalls. [63] .
Waehrend das oeffentliche Leben fuer die Handkeschen Protagonisten eine sichere Zuflucht gewaehrt, erscheint in den Erzaehlungen auf ungewoehnliche Weise ausgerechnet die Privatsphaere als entfremdend und bedrohlich. Das Subjekt befindet sich hier stets in einem feindlichen Element, wo ihm alles nur vorgetaeuscht erscheint. Zu Beginn aller drei Geschichten ist von einer ploetzlichen Entfremdung und Aufloesung die Rede : Die Hauptfigur erlebt eine Art Erleuchtung, die sie daran hindert, das gewohnte Leben weiterzufuehren. In dem Tormann-Text erscheint die Dekonstruktion sozialer Verbindlichkeit allererst als eine blosse Konsequenz Blochs Entlassung, und als solche auf einem fremden Einfluss zurueckzufuehren. Spaeter wird dieser erste Eindruck allerdings korrigiert und der Leser schoepft Verdacht : vielleicht wurde Bloch nicht einmal entlassen und somit liegt die Dekonstruktion seines gewohnten Lebens allein an ihm selbst.
Verglichen mit dem Tormann-Roman bedeutet Die Stunde der wahren Empfindung eine Radikalisierung. Nach dem entscheidenden Traum, in dem er einen Mord begeht, gesteht sich Keuschnig, ein Doppelleben zu fuehren. Auf einmal wird er sich der Verlogenheit und Schablonenhaftigkeit seiner Lebenspraxis bewusst. Mit einem panischen Bemuehen versucht er also die gewohnt


Daniel Gutmann
Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
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Mystik und PopkulturPeter Handke: Versuch ueber die Jukebox
Seminararbeit zum Thema: Moderne Literatur und popul aere Kultur

Inhalt: 1. Einleitung 2. Rueckzug in die Leere 3. Die Handkesche Schreibweise 4. Identit aet von Autor, Erz aehler und Protagonist 5. Zwischen Mystik und Popkultur 6. Literatur Das Schreiben ist immer Praeliminarie des Schreibens. 1. EinleitungDer Versuch ueber die Jukebox hat nicht die Jukebox als zentralen Mittelpunkt; die beschriebene Reise in die Abgeschiedenheit liest sich vielmehr als Reflexion ueber das Schreiben, als ein Notieren von Empfindungen und Eindr uecken, und hat demzufolge eher die Person des sich selbst Erz aehlenden zum Gegenstand. Der Erz aehl-Raum ist angesiedelt in der Kluft und der daraus resultierenden Spannung, die sich zwischen der Jukebox als Objekt der modernen Kultur und der Lebens- oder Schreibweise des Protagonisten, die deutliche Beziehungen zur Mystik aufweist, aufspannt. Handke beschreibt keine Auseinandersetzung mit dem Kultur zeichen Jukebox, sondern mit der sinnlichen Wahrnehmung in einer sozusagen akulturellen Umwelt, und dennoch ist dieses Kulturobjekt der gemeinte Inhalt des Schreibens. Insofern entspricht dieses Schreiben der Forderung Leslie Fiedlers: a closing of the gap between elite and mass culture , geht sogar noch dar ueber hinaus, indem es nicht nur ein Objekt der Massenkultur zum Gegenstand der Literatur macht, sondern dies dazuhin in Verbindung mit einer scheinbar voellig dazu in Widerspruch stehenden Methode - durch den R ueckzug aus der Kultur - geschieht. Handkes Texte haben in der Rezeption hoechst unterschiedliche Resonanz erfahren. Gemein ist zahlreichen Besprechungen, dass die Akzeptanz seiner Schreibweise von dem Mass abh aengt, in dem die Rezensenten einer spezifischen poetologisch-philosophischen Konzeption zu folgen gewillt sind. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit dieser poetologisch-philosophischen Konzeption Handkes w uerde den Rahmen einer Seminararbeit sicherlich sprengen, dennoch muss sie (in Teil 3) kurz angerissen werden, da sie auch in Zusammenhang mit der Bedeutung der Popkultur f uer dieses Schreiben steht und den moeglicherweise nur scheinbaren Widerspruch aufzul oesen hilft, das   ¸ gerade in der Abgeschiedenheit einer kleinen spanischen Stadt der Versuch ueber die Jukebox gelingen soll. 2. R ueckzug in die LeereDie Erz aehlung beginnt mit Leerstellen : Die Abfahrtsrampen eines Busbahnhofs waren am Morgen (...) noch bev oelkert gewesen; jetzt, am fr uehen Nachmittag, stand allein der Bus nach Soria mit ein paar eher vereinzelten Passagieren und offenen, fast leeren Ladeluken in dem Halbkreis (7) . Eine Losverkaeuferin liess sich in der Leere nicht mehr blicken (8) und der Russfleck durch den Auspuff eines inzwischen verschwundenen Busses (8) bewirkt, dass die Spuren vieler verschiedener Schuhsohlen und Kofferr aeder (8) auf dem Asphalt zu sehen sind - auch sie Zeichen einer Abwesenheit. Die Spuren dienen dem Protagonisten als g uenstige Vorbedeutung, sie sind ihm ein Bild, das er mitnehmen konnte auf die Weiterfahrt (9). Sodann f aehrt er zu der abgelegenen Stadt im kastilischen Hochland (10), eine Stadt fernab der Verkehrswege, seit geradezu einem Jahrtausend fast ausserhalb der Geschichte, (...) der stillste und verschwiegenste Ort der ganzen Halbinsel (10). Die Fahrt dorthin f uehrt ueber die fast leere Meseta (16), auf dem kahlen Hochland liegen die wenigen Felder zwischen Felsen und Lehm brach (16). Im OEdland (19) sieht er unbenutzte Geleise, die Schwellen ueberwachsen oder ganz verschwunden (19). Und entgegen seinen Fluchtgedanken setzt er sich einem Zwang aus, sich regelrecht aussetzen zu m uessen, in eine gerade noch zu bew aeltigende Unwirtlichkeit, in eine auch die tagt aeglichen Lebensumst aende bedrohende Grenzsituation , und er tut dies, um ueber die Jukebox zu schreiben. Auch von Informationen will er sich entleeren; was er zuvor in der sogenannten Literatur ueber Jukeboxen gelesen hatte, las er mit dem Vorsatz, das meiste davon auf der Stelle wieder zu vergessen; z aehlen beim Schreiben sollte vor allem der eigene Augenschein. (12) Der namenlose Protagonist der Erz aehlung sucht anscheinend einen R ueckzug in die Leere und nimmt die ihn umgebende Wirklichkeit in erster Linie unter der Pr aemisse der Leere wahr. Diese Wahrnehmung findet in der mittelalterlichen Mystik eine Entsprechung, in der die innere Leere als Offenheit gegen ueber der Gotteserfahrung gewertet wird, als ob sich der Held der Erz aehlung an Meister Eckhardts Reden der Unterscheidung hielte: Daz ist ein ledic gem ueete, daz mit nihte beworren enist noch ze nihte gebunden enist(...) , wenn er auch - entgegen Eckhardts Meinung - die Weltabgeschiedenheit offenbar vorzieht. Auch aus der Geschichte zieht sich der Held zur ueck: Die Erz aehlung spielt im Jahre 1989, das Jahr der Geschichte (26), w aehrend er sich in Soria, einem Ort ausserhalb der Geschichte (10), aufh aelt und sofort, instinktiv, geradezu zur ueckscheuend, ohne Gedanken (26) die direkte Konfrontation mit den Geschehnissen an der deutsch-deutschen Grenze meidet. Er m oechte kein Zeuge der Geschichte (26) sein, sondern sich, fernweg, in dieser von Steppen und Felsw uesten umgebenen, geschichtstauben Stadt (...) versuchen an einem so weltfremden Gegenstand wie der Jukebox, einer Sache f uer Weltfluechtlinge (27), so dass er sich fragt: Gab es in der Jetztzeit, da jeder neue Tag ein historisches Datum war, jemand L aecherlicheren, jemand Verrannteren als gerade ihn? (27f.) Waehrend ihm seine Tr aeume ein weltumspannendes Epos (28) erzaehlen, empfindet er ein merkw uerdiges Vergn uegen an der m oeglichen Sinnlosigkeit seines Vorhabens , sich an das Fast-Nichts zu machen (34). In diesem Fast-Nichts, in der Ziellosigkeit (er entscheidet sich, kaum in Soria angekommen, zur Weiterfahrt, am n aechsten Tag zum Bleiben), in diesen Mystik-assoziierten Raum spielt doch immer wieder die moderne Kultur hinein. Bei der Betrachtung einer Kirche f uehlt er auf der Stelle deren Proportionen in sich (...), in den Schultern, den H ueften, den Sohlen, wie seinen eigentlichen, verborgenen K oerper (38). Dieser Ich-Entgrenzung folgt doch gleich darauf eine Beschreibung mit einem Ausdruck Karl Valentins (40). Und auch, wenn er in eines der spanischen Hinterzimmer-Restaurants geht, wo er sich beh uetet f uehlte, weil man dort f uer sich sein konnte , bleiben Fernsehen und Spielautomaten (46) aus der Bar h oerbar. Als Bild f uer dieses Nebeneinander von Mystik/Religion und Popkultur mag die Beschreibung der Busfahrt nach Logrono dienen, bei der der einzige mit ihm Reisende eine Nonne ist, w aehrend Satisfaction von den Rolling Stones und Ne me quitte pas von Jaques Brel im Busradio l aeuft. Der Erw aehnung des spanischen Fusballers Butrague folgen im n aechsten Satz Beckett und Goya (51). Und das erste Erlebnis der Levitation , Entgrenzung und Weltwerdung (88) hat er beim H oeren der Beatles in einer Jukebox. Immer wieder werden neben Gestalten der hohen Kultur Personen aus dem Umkreis der Popkultur zitiert, und gerade an einem japanischen Tempelort findet er eine Jukebox. Die Popkultur bleibt stets gleichwertig gegenw aertig. Den eigentlichen Hauptteil der Erz aehlung bildet eine Beschreibung, welche Bedeutung die Jukebox f uer ihn besitzt, bzw. was ein Ding einem bedeuten und, vor allem, was von einem blossen Ding ausgehen konnte (111). Auch innerhalb dieser Beschreibung, womit der Erz aehler und Held nach zahlreichen Vorbereitungen endlich an den Kern des Intendierten gelangt (worauf der Leser durch den Titel der Erz aehlung gespannt wartet), stellt eine mystische Erfahrung den Mittelpunkt dar. Wie f uer Eckhardt und die Mystiker ist es ihm wichtig, sich lassen zu k oennen, und dies kann er neben einer Jukebox, ein Ding der Ruhe, oder etwas zum Ruhig-werden, zum Stillesitzen, in ziemlicher Reg- und fast Atemlosigkeit (85): Ohne dass er anderes tat, als ein offenes Ohr f uer die besonderen Jukeboxakkorde zu haben (...), gestaltete sich dann in ihm, der sich liesse die Fortsetzung: Laengst leblos gewordene Bilder kamen in Schwung und Schwebe (...) (100). In diesem Lassen (er m oechte auch in Durchlass-Formen (70) schreiben) gewinnt das umher vor sich Gehende eine neue Qualit aet, es besagte dann etwas, einfach, wenn ein Mann ging, ein Strauch sich bewegte, der Obus gelb war und zum Bahnhof abbog (...). Ja, das war es, der Gegenwart wurden die Gelenke eingesetzt! (103) Das Wahrnehmen von Gegenwart ist f uer ihn mit einer k oerperlichen Empfindung verbunden; so erlebt er einen Luftzug an den Schl aefen als Inbegriff, wie sollte man es nennen?, des Jetzt (42). Die ruhige Aufmerksamkeit, gelassenes Wahrnehmen erm oeglichende, fast meditative Geisteshaltung w aechst sich fast bis zum UEbernat uerlichen aus, wenn er von einer Levitationserfahrung beim H oeren der Beatles spricht (88) oder bestimmte Zeichen , Vorbedeutungen oder Winke (Spuren durch Russfleck (8), das Flirren und Blitzen von Fischschuppen (66) oder auch nur einen Holunderstrauch (43)) als g uenstige Zeichen f uer seine Absicht, einen Versuch ueber die Jukebox zu unternehmen, erkennen will. Die Offenheit gegen ueber der Gotteserfahrung, die durch die innere Leere erm oeglicht werden soll, wird von Handke sozusagen umgedeutet in eine Offenheit gegen ueber einer Jukeboxerfahrung . Wenn Jukeboxen im Leben des Erz aehlers eine Rolle, im Mittelpunkt greosserer Geschehnisse, gespielt hatten (91f.), so war dies jedesmal (...) an einer Grenze gewesen; an dem Ende einer vertrauten Art Welt (92). Die Offenheit auch f uer Grenzerfahrungen scheint aber nicht nur eine wesentliche Komponente in Handkes Schreibstil, wie er sich im Versuch ueber die Jukebox aeussert, zu sein, sondern Bedeutung f uer grosse Teile seines literarischen Schaffens zu haben. 3. Die Handkesche SchreibweiseHandke beschreibt im Versuch ueber die M uedigkeit vier Verhaltensweisen meines Sprach-Ichs zur Welt . In der vierten Verhaltensweise erz aehlt die Welt, unter Schweigen, vollkommen wortlos, sich selber. Moser merkt an: Das Ich ist da nicht mehr bei sich, sondern bei der Sache. Dronske fae;;t die Bestandteile des Handkeschen Schreibkonzepts wie folgt zusammen: (...) eine extreme Entsubstantialisierung, als Ausgangspunkt oder Produktivkraft des Schreibens (...), eine Pr aeferenz f uer Randlagen, Passagen, Schwellen, Zwischenr aeume, UEberg aenge, schliesslich eine deutliche Tendenz zur Enthistorisierung bzw. zur Ersetzung historischer Muster durch mythische (...), kurzum eine radikale Exzentrizit aet innerhalb der Handkeschen Prosa nachgerade als Ausgangspunkt f uer die - meist nur momenthafte - Konstitution von aesthetischer Form, Anwesenheit, Einheit. Was P uetz ueber Handkes Journal Das Gewicht der Welt schreibt, trifft meines Erachtens ebenso auf den Versuch ueber die Jukebox zu. Handke teile nicht seine privaten W uensche und Leiden mit, sondern gebe eine Reportage des Bewusstseins (...), dessen Vorg aenge weder psychologisch abgeleitet noch f uer einen Zweck funktionalisiert werden. Auch aus der Sicht einer psychoanalytischen Interpretation wird die Handkesche Schreibweise eher als reiner Bewusstseinsstrom gewertet denn als bewusste Gestaltung: (...) gerade dass der Autor keine explizite Anleihe bei der Psychoanalyse aufnimmt und nur berichtet, nicht deutet, macht diese Texte so stichhaltig und ueberzeugend. Dettmering weiter: W aehrend ich so Handkes Texte als eigengesetzliche und paradigmatische Entsprechungen zu essentiell psychoanalytischen Prozessen wie Trennungs- und Abgrenzungsarbeit verstehe, lesen andere aus ihnen vorwiegend eine Gef aehrdung des Autors, seine vermeintlich (sic!) Psychosen aehe heraus. P uetz sieht gar durch das Gewicht der Welt eine Cartesianische Wende in der Literatur eingel aeutet: Wie erkl aerte sich Handkes Wirkung, wenn seine Schriften nur von den Intimquerelen mit seinem eigenen Ego spr aechen? Nicht allein aus diesem Grunde erscheint es ratsam, statt von einem angeblich resignierenden R ueckzug in die Privatsph aere zu reden, eine tiefer reichende und ueberpers oenliche Problematik, n aemlich die fundamentale R ueckbesinnung auf die erkenntnistheoretische Funktion des Subjekts, zur Kenntnis zu nehmen und darin eine Art Cartesianischer Wende zu sehen. Handkes Schreibweise will ebenso objektivistisch wie subjektivistisch sein und da gibt es keinen Unterschied mehr zwischen historischen und historisch unwichtigen Ereignissen. Wichtig ist nur noch, was der Schriftsteller zum Ereignis werden l aesst. Und Ereignis wird das, was ist. Der Roman wird ueberfl uessig. Die Zeit wird wieder Raum. Was auch immer damit gemeint sein mag, dass die Zeit Raum wird, scheint Handkes Erz aehlstil in einem Masse ungew oehnlich und ungewohnt, das er als Autor und Schriftsteller selbst nicht m uede wird zu betonen: Die Fiktion, die Erfindung eines Geschehens als Vehikel zu meiner Information ueber die Welt ist nicht mehr n oetig, sie hindert nur. UEberhaupt scheint mir der Fortschritt in der Literatur in einem allm aehlichen Entfernen von unn oetigen Fiktionen zu bestehen. Immer mehr Vehikel fallen weg, die Geschichte wird unn oetig, das Erfinden wird unn oetig, es geht mehr um die Mitteilung von Erfahrungen, sprachlichen und nicht sprachlichen, und dazu ist es nicht mehr n oetig, eine Geschichte zu erfinden. Folgerichtig wird ihm der Gegenstand und   ¸ seines Schreibens im Versuch ueber die Jukebox einerseits umso nichtiger (25), je mehr er sich dem Schreiben dar ueber ann aehert, andererseits erlaubt gerade diese Nichtigkeit des Gegenstandes einen unverstellten Blick auf denselben: So hat das Leer- und Wegr aeumen bei Peter Handke nichts Destruktives: es ist ein sch oepferisches Beleben des Gegenstandes, das ohne den durch die Phantasie ausgeleuchteten Raum nicht sein kann. In anderen Worten: Erz aehlbarkeit ist das Kriterium: die Dinge sind nicht gut oder schlecht, wahr oder falsch, sch oen oder haesslich. Sie sind erz aehlbar oder nicht erz aehlbar. Sie geben Bilder und Sprache ab oder bleiben stumm. Als k aeme es f uer den Dichter nur darauf an, auf sie zu warten, ihnen nicht im Wege zu stehen. So f uehrt denn das Leere-Schaffen nicht dazu, dass der beabsichtigte Gegenstand umso klarer in den Mittelpunkt tritt, es bleibt bei einer Ann aeherung an - oder eben: einem Versuch ueber - den Gegenstand; im Mittelpunkt steht nicht die Jukebox, sondern das Schreiben des Versuchs (oder das Beschreiben der Ann aeherung) selbst: Dieser Versuch ist nichts anderes als die Erz aehlung ueber einen Schriftsteller, der nach Spanien ging, um einen Versuch ueber die Jukebox zu versuchen . Die epischen Formen der vergangenen Epochen - ihre Einheitlichkeit, ihre Gesten der Beschw oerung und Bem aechtigung (...), ihr so vielwisserischer wie ahnungsloser Totalit aetsanspruch (70) wirken auf ihn dabei als ein blosses Getue . Er setzt entgegen: Vielseitige kleine und gr oessere Ann aeherungen, und zwar, statt in den ueblichen Einfang-, in Durchlass-Formen (...): den Abstand wahren; umkreisen; umreissen; umspielen - deiner Sache von den R aendern her den Begleitschutz geben (70). Das Erz aehlen selbst diene im Versuch ueber die Jukebox , so Moser, wie das Gehen der Erm uedung des Ichs. Gehend wird es zum Schweigen gebracht. (Das Gehen liefert in der Erz aehlung ein (bewusstes?) Wortspiel: Als sich der Protagonist zu einer Wanderung (66) aufmacht, denkt er an die platonischen Dialoge und bezeichnet in seinen Gedankeng aengen kurz darauf Sokrates als der Bewanderte (67).) Die verschiedenen Bedeutungen des Begriffs Geschichte n aehert der Autor einander an, indem er der Formengeschichte der Jukebox (im Sinne einer Entwicklungsgeschichte) einen Haupthelden (16) zugesellt (und sie damit in die N aehe der Geschichte als Erz aehlung r ueckt) oder die Geschichte (als Historie) als das grosse M aerchen der Welt oder eine Abart der alten Gespenstergeschichte (27) bezeichnet. 4. Identit aet von Autor, Erz aehler und ProtagonistWenn die Erfindung eines Geschehens zum Schreiben von Literatur nicht mehr n oetig ist, so wird auch das Erfinden einer Figur ueberfl uessig. Demzufolge ist auch im Versuch ueber die Jukebox nachzuweisen, dass es sich um einen autobiographischen Text (wenn auch nicht im Sinne einer Biographie) handelt. Die Erz aehlperspektive und Erz aehlerhaltung im Versuch ueber die Jukebox wechseln: Der Erz aehler schreibt ueber einen Schriftsteller, der mit den Vorbereitungen f uer einen Versuch ueber die Jukebox besch aeftigt ist. Er hatte vor, sich die Bedeutung dieses Dings in den verschiedenen Phasen seines nun schon lange nicht mehr jungen Lebens klarzumachen. (11) Der Erzaehler weiss auch um die Pl aene, wie dieses Werk aussehen soll. Nachdem alle Vorbereitungen getroffen sind und der Schriftsteller endlich am Schreibtisch sitzt, wird beschrieben, wie sich der Schriftsteller vom Schreiben ablenken laesst. Darauf folgt der eigentliche Kern der Erz aehlung: Assoziationen um die Jukebox, die Beschreibung der Stellenwerteteller aufgehoben und der Erz aehler erz aehlt vom erz aehlenden Erz aehler: Was er von seinem Gef uehl des Angekommen- und Aufgehobenseins (...) erz aehlt hatte, galt w oertlich auch f uer die Musicboxen. (79) An dieser Stelle wird deutlich, dass der nur mit dem Personalpronomen oder als der Reisende (7) bezeichnete Held und der Erz aehler identisch sind und also die Erz aehlung mit dem Titel Versuch ueber die Jukebox von ihrem eigenen Entstehen handelt, (denkbar w aere schliesslich auch, dass der vom Schriftsteller geplante Versuch ueber die Jukebox fiktiv bliebe) obwohl ihre Form nicht mit der in der Erz aehlung geplanten Weise ausgef uehrt ist. Auch der Unterschied zwischen Erz aehler und Autor wird aufgehoben, indem der Erz aehler auf ein anderes Werk des Autors als Paratext (im Sinne Genettes) referiert: Auch dass er den Versuch ueber die Jukebox Ja, sitzen wir. Aber nicht hier, in der Menschenleere, im Rauschen des Eukalyptus, allein, sondern am Rand der Boulevards und der Avenidas, im Zuschauen, vielleicht mit einer Jukebox in Reichweite. In ganz Spanien gibt es doch keine Jukebox. Hier in Linares gibt es eine, eine sehr seltsame. Erz aehl. Nein. Ein andermal, in einem Versuch ueber die Jukebox. Vielleicht. Beschrieben wird diese Jukebox in Linares auf den Seiten 135ff. Mit Modick k oennte man sagen, Handke mache die Erz aehlung zum Versuch ueber die M oeglichkeiten des Erz aehlens : Die drei Versuche sind auch Selbstportr aets des arbeitenden Schriftstellers Handke, der sich beim Schreiben beobachtet und diese Beobachtungen, um seine Motive transparent zu machen, an den Leser weitergibt (...) . 5. Zwischen Mystik und PopkulturWenn Gottwald behauptet, Handkes Schreiben m uesse im uebergreifenden Zusammenhang der Auseinandersetzung bedeutender Str oemungen der Literatur und Philosophie seit der Romantik mit den Folgen von S aekularisierung, Aufkl aerung, Entfremdung und den daraus resultierenden Sinn- und Kulturkrisen seit dem 18. Jahrhundert eingeordnet und vor allem aus diesem Kontext heraus gesehen werden , so kann man noch einen Schritt weitergehen und am Beispiel dieser Erz aehlung aufweisen, dasses sich hierbei nicht lediglich um einen Rekurs auf das Mystische als behauptete Vorbedingung des Schreibens handelt, sondern um eine Auseinandersetzung mit der modernen Kultur, die den Menschen (und damit auch den Autor) pr aegt. Diese Pr aegung wird nicht verleugnet zugunsten einer die Mystik verkl aerenden oder romantisierenden Schreibweise, sondern wird integriert in ein poetologisches Konzept, das sich schon deshalb nicht als Ausdruck einer Weltabgewandtheit darstellt (wie es Handke oefter zum Vorwurf gemacht wird), sondern gerade das als Ausgangspunkt nimmt, was in einer Weltzugewandtheit dem Menschen als Erfahrung widerf aehrt. Die verschiedenen kulturellen Pr aegungen, von Sokrates bis Madonna, von Theophrast bis Butrague, kommen dabei gleichwertig zum Ausdruck. Diesem postmodernen Nebeneinander und Miteinander von kulturellen Einfl uessen, in dem keine Unterscheidung zwischen hoher Kultur und Massenkultur vorgenommen wird, n aehert sich Handke mit einer Methode, die sich von den modernen Unterhaltungs- und Informationsmedien und in einer allgemein als schnell-lebig erkannten Zeit in ihrer Betonung der mystischen Elemente stark abhebt: (...) das Wegschieben der Zeitthemen und Aufschieben des Schreibens ueber die Jukebox, bis ueber diesen Versuch pl oetzlich geschrieben wird, als w aere er schon geschrieben; das Umkreisen, Einkreisen und Herrichten des Schreibortes und so weiter; der ganze Apparat also dient ja nur dazu, den Schriftsteller parat zu machen, das heisst frei von allen Bestimmungen, frei f uer seine Bestimmung. Das Schreiben ist immer Pr aeliminarie des Schreibens. Es bringt den Schriftsteller auf die Schwelle zum Schreiben. 6. Literatur: DETTMERING, PETER: DAS SELBST IN DER KRISE. LITERATURANALYTISCHE ARBEITEN 1971-1985. ESCHBORN 1986.  DRONSKE, ULRICH: ERZ AEHLEN AUS EINEM - MYTHISCHEN - GU. ZU DEN ZEIT- UND SPRACHTHEORETISCHEN IMPLIKATIONEN (NICHT NUR) EINER ERZ AEHLUNG PETER HANDKES. IN: ZAGREBER GERMANISTISCHE BEITR AEGE 2 (1993). S. 123-131àFIEDLER, LESLIE: THE COLLECTED ESSAYS OF LESLIE FIEDLER. VOLUME II. NEW YORK 1971. GOTTWALD, HERWIG: MYTHOS UND MYTHISCHES IN DER GEGENWARTSLITERATUR. STUDIEN ZU CHRISTOPH RANSMAYR, PETER HANDKE, BOTHO STRAUss, GEORGE STEINER, PATRICK ROTH UND ROBERT SCHNEIDER. STUTTGART 1996. (= STUTTGARTER ARBEITEN ZUR GERMANISTIK NR. 333· HANDKE, PETER: ICH BIN EIN BEWOHNER DES ELFENBEINTURMS. IN: DERS.: PROSA, GEDICHTE, THEATERST UECKE, H OERSPIEL, AUFS AETZE. FRANKFURT 1969. HANDKE, PETER: VERSUCH UEBER DIE JUKEBOX. FRANKFURT 1990. HANDKE, PETER: VERSUCH UEBER DIE M UEDIGKEIT. FRANKFURT 1989. MEISTER ECKHARDTS TRAKTATE. HRSG. UND UEBERSETZT VON JOSEF QUINT. STUTTGART 1963 (DEUTSCHE WERKE. V.). MODICK, KLAUS: INBILDER. KLEINER VERSUCH UEBER PETER HANDKES VERSUCHE IN: MERKUR 1993 (47). S. 332-339. MOSER, SAMUEL: DAS GL UECK DES ERZ AEHLENS IST DAS ERZ AEHLEN DES GL UECKS. PETER HANDKES VERSUCHE. IN: FUCHS, GERHARD UND GERHARD MELZER (HRSG.): PETER HANDKE. DIE LANGSAMKEIT DER WELT. GRAZ/WIEN 1993. S. 137-154. P UETZ, PETER: PETER HANDKE. FRANKFURT 1982.
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